Stadtilm. Schulleiter Jens Günschmann geht noch einmal auf die öffentliche Anhörung ein, thematisiert Lehrermangel und Schülerzahlen

„Ja“ zur Oberstufe in der Stadtilmer Gemeinschaftsschule: Ein Wunsch, den Schüler, Lehrer und Eltern seit Jahren hegen und sich seit Monaten mit Leidenschaft und Herzblut dafür einsetzen. Während die Jugendlichen ein Zeichen setzen, kämpft ein Kreistagsmitglied politisch für die Umsetzung des Konzeptes.

Schulleiter Jens Günschmann begleitet die Jugendlichen auf den Schulhof. Sie plaudern munter miteinander und steuern zielstrebig auf das Freigelände. Obwohl Schneeflocken den Boden bedecken, ist das „Ja“ schon deutlich zu sehen. Die Umrisse werden durch Schüler und Lehrer mit Leben gefüllt: „Ja“ zur Oberstufe. Der Schulleiter ist weiterhin zuversichtlich, dass sich die Kreistagsmitglieder Anfang Februar für die Errichtung einer Oberstufe in Stadtilm entscheiden.

Denn auch nach der öffentlichen Anhörung in Arnstadt stünden die Chance 50 zu 50. „Durch alle Beteiligten wurde in sachlicher Form Argumente und Standpunkte ausgetauscht, welche von sehr unterschiedlichen Sichtweisen ausgingen. Der überwiegende Teil der Redebeitrage brachte zum Ausdruck, dass das Anliegen der TGS-Stadtilm durchaus verständlich, ja sogar aus der Entwicklung der Schule in den letzten zehn Jahren logisch erscheint“, fasst Günschmann zusammen.

Keine Oberstufe würde den Lehrermangel verschärfen

Ähnlich schätz das SPD-Kreistagsmitglied Stefan Rienecker ein. Allerdings bemängelt er das „Ausspielen der Schulformen.“ Er ist der Meinung, dass eine Oberstufe in Stadtilm den Lehrermangel „nicht verschärft.“ Die Gemeinschaftsschule könne schon jetzt Lehrer abordnen und sei damit leistungsfähiger als andere Einrichtungen. Durch die Möglichkeit, in Stadtilm ein Abitur abzulegen, würde die Attraktivität des ländlichen Raumes und des Ilm-Kreises steigen, so Rienecker.

Günschmann geht sogar noch einen Schritt weiter und befürchtet eine Verschärfung der Situation, wenn die Oberstufe nicht eingerichtet werde. Dazu erklärt er: An der TGS-Stadtilm stehen aktuell neun Lehrer mit gymnasialer Ausbildung unter Vertrag. Sollte die Bildung einer Oberstufe nicht erfolgen, besteht für diese Kollegen die Option, an eine Einrichtung mit Oberstufe zu wechseln. Die logische Schlussfolgerung ist, dass sie auch nicht mehr für die Klassenstufen fünf bis zehn zur Verfügung stehen.“ Das wiederum bedeutet, dass die Lehrerschaft in Stadtilm durch Kollegen mit einer Regelschulausbildung ersetzt werden muss. „Doch dieser Markt ist völlig leer, eine Entspannung ist auch mittelfristig nicht in Sicht.“

Gute Ausbildungssituation lockt junge Menschen

Ein weiterer wichtiger Punkt für Stefan Rienecker ist die Chancengleichheit zwischen Stadt und Land. „Schulwege in der Stadt sind einfacher und können nicht mit Schulwegen im ländlichen Raum verglichen werden.“ Damit einher geht auch erneut die Nord-Süd-Debatte, die der Politiker eigentlich nicht führen will. Im Süden gebe es an drei Einrichtungen die Möglichkeit, ein Abitur abzulegen, im Norden hingegen gebe es ein staatliches Gymnasium, ein privates und das Staatliche Berufsschulzentrum (SBSZ) Arnstadt-Ilmenau. „Für den nördlichen Kreis gibt es Nachholbedarf, die Oberstufe in Stadtilm wäre ein Anfang“, sagt Rienecker, obgleich er betont, dass es ein Ilm-Kreis sei.

Im Rahmen der öffentlichen Anhörung sind all jene zu Wort gekommen, die durch eine gymnasiale Oberstufe in Stadtilm betroffen wären. Während die Gymnasien in Arnstadt und Ilmenau nicht betroffen wären, so Günschmann, müssen die Zahlen für das SBSZ genau in den Blick genommen werden. „Man muss bei der Schülerzahl in der Oberstufe im SBSZ llmenau zwischen Schülern mit Besonderer Leistungsfeststellung (BLF) und damit potentielle Oberstufenschüler in Stadtilm und Schülern mit klassischem Realschulabschluss unterscheiden. Die Zahlen der letzten vier Jahre zeigen, dass durchaus ein Teil der Schüler auch weiterhin das SBSZ in llmenau wählen wird.“ Den Rückgang der Schülerzahlen in der gymnasialen Oberstufe des SBSZ sieht der Schulleiter an andere Stelle: Es ist die gute Lage am Arbeitsmarkt. „Viele potenzielle Schüler erhalten sehr attraktive Angebote zur Ausbildung im dualen System und ,fehlen‘ damit als Bewerber für das berufliche Gymnasium.“ Rienecker spricht an der Stelle von der Unterstützung des ersten Bildungsweges, der gefördert werden soll.

Mit einer möglichen gymnasialen Oberstufe, die sich die Akteure wünschen und für die sie bis zum Kreistag im Februar kämpfen, würde der ländliche Raum gestärkt und damit Anreize geschaffen, sind sich die Männer einig.