Geistliches Wort: Weshalb besitzt die Nostalgie eigentlich einen überwiegend schlechten Ruf?

Alle Jahre wieder Omas Plätzchen backen und „Sind die Lichter angezündet“ hören. Alle Jahre wieder das gleiche Essen am Heiligen Abend. Bei uns im Pfarrhaus sind das Würstchen mit Kartoffelsalat, natürlich nach Familienrezept. Schon beim Scheiben fühle ich mich zurückversetzt zu den vielen vergangenen Heiligen Abenden.

Vieles hat sich seither verändert, eines blieb gleich: Würstchen mit Kartoffelsalat. Wäre das nicht Zeitung, sondern Radio, könnten Sie mich wohlig seufzen hören. Nostalgie nennt man gemeinhin diese Gefühlslage. Die Advents- und Weihnachtszeit ist voll von ihr. Sie hat allerdings einen schlechten Ruf.

Nostalgie sei das Gefühl der Traurigen und jener, die sich nicht von der Vergangenheit lösen können. Ich finde dieses Urteil unberechtigt. In Maßen funktioniert die Nostalgie nämlich wie eine wärmende Decke an einem grauen Wintertag.

Nostalgie – dieses emotionale, lebhafte und intensive Erinnern – wärmt die Seele gleichsam von innen. Denn in ihr werden immer gute Erfahrungen und Erlebnisse erinnert. Meist wurzeln sie tief in unserer Biografie. Wenn wir ein bisschen nostalgisch sind, erinnern wir nicht nur das Gute, sondern es wird im Gefühl wieder präsent. Das Heute verbindet sich so mit dem Gestern und wird zu einer zusammenhängenden Geschichte.

Die Nostalgie erzählt uns an einem trüben Wintertag damit eine Gegengeschichte. Sie erzählt von dem Guten, von dem Tragenden in unserem Leben und hält damit die Erfahrung dafür im Hier und Jetzt wach und lebendig.

Auch „in der Kirche“ sind wir zu Weihnachten ein bisschen nostalgisch. „Stille Nacht, heilige Nacht“ alle Jahre wieder. Alle Jahre wieder die gleichen Worte, die gleiche Geschichte: „Da liegt es, das Kindlein auf Heu und auf Stroh, Maria und Josef betrachten es froh.“ Alle Jahre wieder die gleiche Botschaft und doch immer wieder neu und bedeutsam: Gottes Liebe bekommt Hand und Fuß in einem konkreten Leben. Und dabei gibt es für Gott keine unpassende Zeit. Selbst ein Provisorium schreckt ihn nicht ab.

Weihnachten erzählt wie die Nostalgie damit eine Gegengeschichte: Es gibt nichts, dass Gott als Kraft des Guten, der Liebe und des Lichts nicht darin gegenwärtig werden kann. So gesehen, erzählt uns die Nostalgie von den „göttlichen“ Momenten in unserem Leben. Sie zeigt, dass Gott schon längst da ist. Jede kleine, gute, nostalgische Erinnerung ist wie ein Funkel Gottes in unserem Leben – alle Jahre wieder, jedes Jahr neu!