Landkreis. Direktkandidaten im Porträt (7) Die Tierärztin Judith Keidel aus Bad Langensalza will im Landtag auf grüne Kernthemen setzen

Prognosen sind keine Wahlergebnisse, betonen viele Politiker. Auch wenn die Zahlen Parteiintern sehr wohl registriert und ausgewertet werden. Geht es nach Umfrageergebnissen, können die Grünen auf Bundesebene vor Kraft derzeit kaum laufen. 20 Prozent und mehr werden der Partei zugetraut. In Thüringen sieht es mit 9 Prozent weniger gut aus.

Für Judith Keidel, die im Wahlkreis 9 als Grüne-Direktkandidatin antritt, zeigen diese Prognosen, dass grüne Themen in der Breite der Gesellschaft angekommen sind. Doch traditionell hätten es die Grünen in ländlichen Gebieten – zu denen Thüringen und der Unstrut-Hainich-Kreis zählen – schwieriger.

„Es gibt immer noch Stimmen, die uns als Ökospinner und Preistreiber bezeichnen“, sagt sie im Gespräch mit dieser Zeitung. Aus ihrer Sicht sei es vor allem für Landwirte nicht einfach, sich offen für klassische grüne Themen auszusprechen, wie etwa die Agrarwende – also tierfreundlichere Bedingungen und weniger Einsatz von Medikamenten – ohne von Kollegen schräg angeschaut zu werden.

Dabei ist sie überzeugt, dass gerade die Menschen auf dem Land die Folgen des Klimawandels umtreiben. „Die Landwirte leiden unter der Dürreproblematik. Wir haben Menschen im Unstrut-Hainich-Kreis, die kein Futter mehr für ihre Tiere haben, Pferdehalter die ihre Pferde abgeben mussten“, sagt sie.

Jeder der ein Feld, einen Wald, einen Garten habe und nicht in der Mühlhäuser Innenstadt lebe, bemerke diese Probleme täglich. Auch die Haltung und Verarbeitung von Nutztieren betreffe jeden. „Was ich esse sollte mir nicht egal sein.“

Dass der Klimawandel viele Menschen in der Region beschäftige, bekomme sie über ihren Beruf als Tierärztin mit, über den sie „jeden noch so kleinen Ort im Landkreis“ kenne. Seit März 2015 arbeitet Judith Keidel als Amtstierärztin im Unstrut-Hainich-Kreis. Die heute 45-Jährige wurde in Sinsheim in Baden-Württemberg geboren, studierte und promovierte später in Leipzig, ehe sie nach Bad Langensalza zog. Ihren Beruf übe sie mit Leidenschaft aus.

Wird sie nach Dingen gefragt, die sie auf die Palme bringen, nennt sie zuerst die jüngsten Fälle ausgesetzter Katzenbabys. „Das Schlimme sind solche Fälle, wo man zunächst nichts ändern kann, weil wir den Täter nicht erwischen. Dann steht man dieser Situation hilflos gegenüber“, sagt sie.

Themen wie Tierschutz, Klimawandel, Energieneutralität hätten ihr schon immer gelegen. Sie engagiert sich im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland in Bad Langensalza und ist Mitglied im Deutschen Alpenverein. Der Auslöser, sich auch aktiv in die Politik einzubringen, sei die extreme Trockenheit 2018 gewesen.

„Wenn man was bewegen und etwas verändern will, muss man irgendwann Farbe bekennen und nicht mehr nur reden“, sagt sie. Sie stehe zu 100 Prozent hinter den Forderungen ihrer Partei im Landtagswahlprogramm, etwa den Ausbau von Radwegen oder ein landesweit gültiges ÖPNV-Ticket für zwei Euro pro Tag. „Tatsächlich liegen mir die Landespolitischen Themen von Berufs wegen eher. In die Kommunal- und Stadtpolitik arbeite ich mich nun richtig ein“, räumt sie ein.

Das Direktmandat im Wahlkreis 9 ist Judith Keidels einzige Chance, in den Landtag einzuziehen. Auf der Landesliste stehe sie als „Parteifrischling“ nicht. „Realistisch gesehen werden es CDU, AfD und Linke unter sich ausmachen. Aber man kann ja nie wissen.“