Pfarrer Tobias Krüger und seine Gedanken zum Anschlag in Halle: Was gibt es noch zu sagen oder zu schreiben? Ist nicht alles bereits gesagt und geschrieben?

Ein weiterer Ort kommt hinzu. Jetzt am Mittwoch war es Halle. Davor in Kassel. Davor verteilt im Land an elf Orten. Davor… Und täglich wird der Hass neu genährt. Täglich wird der Gewalt ein Weg geebnet. In menschliche Herzen und Hirne. Durch die Demagogen und Verführer. Durch die Schweigenden und Wegblickenden. Ich höre wieder die Versuche, etwas zu erklären und zu deuten. Die Vorgeschichten, die Verknüpfungen, das Versäumte.

Es ist mir alles zu viel und zuwider. Ich bitte Gott, dass meine Gedanken bei den Opfern ausharren. Den Toten. Und bei ihren Familien, Freunden, Nachbarn. Bei denen, die in der Synagoge hinter den verschlossenen Türen Angst litten. Dass meine Perspektive denen gilt, die jetzt unbegreifliches Leid ertragen müssen. Heute, morgen und wer weiß wie lange. Und ich bitte Gott, dass meine Wut und mein Zorn… Ja, worum will ich bitten? Was kann mir helfen? Ich kenne ein Gebet. Worte, die mich trösten. Worte, die mir eine Perspektive für mein Handeln eröffnen. Mir einen Weg zeigen. Trotz allem:

Herr, mach mich zu einem

Werkzeug deines Friedens.

Wo Hass herrscht,

lass mich Liebe entfachen.

Wo Beleidigung herrscht,

lass mich Vergebung entfachen.

Wo Zerstrittenheit herrscht,

lass mich Einigkeit entfachen.

Wo Irrtum herrscht,

lass mich Wahrheit entfachen.

Wo Zweifel herrscht,

lass mich Glauben entfachen.

Wo Verzweiflung herrscht,

lass mich Hoffnung entfachen.

Wo Finsternis herrscht,

lass mich Dein Licht entfachen.

Wo Kummer herrscht,

lass mich Freude entfachen.

O Herr, lass mich trachten:

nicht nur, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste,

nicht nur, dass ich verstanden

werde, sondern dass ich verstehe,

nicht nur, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe,

denn wer gibt, der empfängt,

wer sich selbst vergisst, findet,

wer verzeiht, dem wird verziehen,

und wer stirbt, der erwacht

zum ewigen Leben. Amen.

Am Samstagabend zeigen wir unsere Solidarität und unser Mitgefühl bei einer Lichterkette an der Synagoge in der Mühöhäuser Jüdenstraße um 18 Uhr.