Mühlhausen. Regisseur Gerald Backhaus stellt seine Arbeit zweimal vor.

Marion Schulz bezeichnet sich als „Vogteier International“. Sie selbst in Oberdorla geboren, der Vater in Niederdorla und geheiratet in Langula, lebt die privat Plattsprechende heute in Mühlhausen und buchstabiert drei der Vogteigemeinden Nenderl, Emderl und Longl mit Lächeln auf den Lippen.

Diesen Abend ließ sie sich nicht entgehen und zeigte sich am Mittwoch begeistert ob des informativen Films, den Regisseur Gerald Backhaus in fünf Jahren geschaffen hat. In der Buchhandlung Strecker in Mühlhausen und tags darauf am Donnerstag in der ehemaligen Schule Langula kam der Film zur Aufführung und stieß auf positive Resonanz.

Die Filmbesucher lernten die neun Unterformen des thüringischen Platt kennen. Sie erfuhren, dass der Rennsteig die Sprachgrenze bildet. Sie hörten – oft amüsiert – vom 5. Fall, dem Thurin­gativ. Zudem erfuhren sie, dass man Plattsprechende dem jeweiligen Dorf innerhalb einer Region zuordnen könne und dass die Thüringer sprachlich oftmals den Sachsen gleichgestellt würden, obwohl diese noch melodischer sprächen.

Es wurde klar, dass sich die Seele eines Dorfes im Dialekt widerspiegelt, dass Mundart nur leben könne, wenn sie gesprochen werde, dass Dialekt sozusagen das sprachliche Denkmal einer Region, eines Dorfes darstelle. Mundart werde noch an einigen Stellen gehütet, auf der großen Fläche allerdings verschwinde sie immer mehr.

Der gebürtige Gothaer Filmemacher und Journalist wollte neben Saalfeld, Erfurt, Altenburg, Meiningen oder Ruhla auch die Region um Mühlhausen, die zum Nordthüringer Sprachbereich gehört, im Film behandeln und bekam den Tipp, sich bezüglich Mundart unbedingt in der Vogtei umzuhören. Gesagt getan.

Kennenlernen beim Kaffeeklatsch

Dirk Erdmann und seine Familie wurden angesprochen. Man traf sich beim Kaffeeklatsch mit Schwester Beate Trautmann, Mutter Hanna Erdmann sowie Eva Nordmann und Frank Fischer. Die Familie ist des Plattsprechens mächtig und findet, dass die Industrialisierung und geringere Sesshaftigkeit Grund dafür waren und sind, dass das gesprochene Platt beständig verschwindet. Es habe für sie etwas Familiäres. Mühlhäuser und Vogteier Platt seien sich ähnlich, so die Meinung der Familie.

Für Backhaus ist Mundart eine eigene, vielfältig individuelle Welt, mit der man Dinge einfach deftiger ausdrücken kann als im Hochdeutschen oder in der Schriftsprache. „Dialekt schafft Vertrauen, Nähe und baut Distanz ab“, so die Worte des Regisseurs, der mit einem ganz anderen Film („Wir bleiben hier“) beim Wettbewerb des Riverfilmfestivals in Padova/Italien vertreten sein wird.

Die Herstellung des Dokumentarfilmes „Thüringen, Deine Sprache“ wurde fachlich unterstützt durch Susanne Wiegand von der Arbeitsstelle für thüringische Dialektforschung an der Uni Jena und finanziell gefördert durch das Land.