Mühlhausen. Euromünzen, Tageszeitung, Gemeindebrief und Bericht zur Situation werden als Zeitzeugnisse im Turmknopf des Mühlhäuser Gotteshauses verwahrt.

Mit Beginn des Frühjahrs wurde der Turm der Mühlhäuser Martinikirche komplett eingerüstet. In den vergangenen Monaten waren die Mitarbeiter der Mühlhäuser Denkmalpflege mit der grundhaften Instandsetzung des Turmes in der Thomas-Müntzer-Straße beschäftigt. Am Donnerstagnachmittag kehrten der reparierte Knopf und die Wetterfahne zurück auf die Spitze des Kirchturms.

Vorsichtig rollt Pfarrer Marc Pokoj die aktuelle Tageszeitung zusammen. Darin eingelegt wurden neben dem Gemeindebrief auch ein Satz Euromünzen, die Kirchenzeitung und ein Bericht zur Situation in der Kirchgemeinde. Auch ein Foto vom Trägerkreis der Jugendlichen samt Festschrift zum zehnjährigen Bestehen der Jugendkirche, findet in der 40 Zentimeter langen Kupferhülse Platz.

Eine Billion Reichsmark als Notgeld gefunden

Vor der Kirche wartet Metalldrücker Harald Otto, er verlötet die Dokumentenhülse mit dem Kupferdeckel. „Beim löten gäbe es keine Schwierigkeit wenn man es beherrscht, wichtig sei ein ordentliches Flussmittel und hochwertiges Zinn in verbindung mit knapp 300 Grad Celsius am Lötkolben, und natürlich eine ruhige Hand“ sagt der 57-Jährige.

Pfarrer Marc Pokoj und Projektmanager Elmar Ruhland (von links) von der Firma Denkmalpflege Mühlhausen.
Pfarrer Marc Pokoj und Projektmanager Elmar Ruhland (von links) von der Firma Denkmalpflege Mühlhausen. © Daniel Volkmann

Die Schiefereindeckung am Kirchturm und am Dach der Kirche habe deutliche Schäden aufgewiesen erläutert Kirchenbaureferentin Karin Wollenhaupt. Bei der genauen Begutachtung der Schäden sei aufgefallen, dass einige Holzbalken im Tragwerk des Turmes und des Dachstuhls angegriffen seien. Der Kirchturm habe sich etwas geneigt, dies habe sich durch kleinere Risse im Mauerwerk erwiesen, sei aber mit bloßem Auge nicht sichtbar und unbedenklich. Mit den Arbeiten an der Holzkonstruktion habe man die minimale Neigung auch nicht korrigiert. Grundlegende statische Dinge, die von außen nicht sichtbar waren, wurden komplett hergestellt. Auch der Glockenstuhl sei generalüberholt worden. Eine komplette Regenwasserentsorgung, neue Dachrinnen und Fallrohre wurden installiert. Damit einher gingen kleinere Putz- und Malerarbeiten. „Noch haben wir die finale Rechnung noch nicht erhalten, die Kosten die sich Kirchspiel, Kirchenkreis und Landeskirche teilen wurden auf gut 165.000 Euro geschätzt“ sagt Superintendent Andreas Piontek. Um mehr Baufreiheit zu bekommen und besser arbeiten zu können habe man sich dazu entschlossen, die Turmbekrönung zu demontieren und abzunehmen.

„Immer wenn eine Kirchturmspitze, bestehend aus Knopf und Wetterfahne abgenommen wird, öffnet man die darin eingelagerten Kupferhülsen“ sagt Pfarrer Pokoj. In den beiden länglichen Dokumentenhülsen des Martinikirchturms habe man Mühlhäuser Notgeld aus der Weimarer Republik entdeckt. Mit dem Papiergeld im Gesamtwert von etwas über einer Billionen Reichsmark, haben die Menschen damals zwei Brote kaufen können.

Weiter seien Papierdokumente aus den Jahren 1789 bis 1907 enthalten gewesen. Auch einen alten Mühlhäuser Stadtplan und einen Bericht des Magistrats der Stadt habe man entdeckt.

Bereits Anfang der 90er Jahre, sei das Kirchendach teilweise saniert worden und hätte eigentlich länger halten sollen erläutert Pfarrer Marc Pokoj. Im Normalfall müsse ein neues Kirchendach zwischen 80 und 90 Jahre halten, ohne dass etwas daran saniert werden müsse.