Schierschwende. Die Schule zur Berufsvorbereitung in Schierschwende findet keine Lehrer. Schwerpunkt soll nun Arbeitspädagogik werden.

Die Berufsschule in Schierschwende schließt. Seit 2011 war die Schule als berufsbildende Schule für Berufsvorbereitung staatlich anerkannt. Auf dem ehemaligen alten Gut werden seit 2003 in der Jugendhilfe-Einrichtung, die unter Trägerschaft der Nova gGmbH mit Sitz in Schlotheim steht, Schüler im Berufsvorbereitungsjahr unterrichtet. Zuvor war es üblich, dass die Absolventen der Schule in der Jugendhilfe-Einrichtung noch eine Prüfung an der Berufsschule des Kreises ablegen mussten, um den Hauptschulabschluss zu bekommen. Mit der Ausbildung ist nun Schluss. Der Schule fehlen die Lehrer für Mathe, Sozialkunde, Wirtschaft und Recht. Geschäftsführer René Scheibler sagt: Es ist nicht mehr gelungen, Honorarkräfte oder geringfügig Beschäftigte zu gewinnen – „trotz eines attraktiven Honorars“. Dass es die Angst vor den „schweren Jungs“ ist, Scheibler will es nicht verneinen.

Gewöhnen an einen Tagesrhythmus

Auf dem Gut Schönberg leben bis zu zwölf junge Männer – entweder, weil sie straffällig geworden sind und zur Haftvermeidung nach Schierschwende geschickt werden oder weil sie im heimischen Umfeld nicht klar kommen. Aus der Not der fehlenden Lehrer wollen Scheibler und die Einrichtungsleiterin Nicole Ohk eine Tugend machen.

Das Konzept wurde überar­beitet. Im Vordergrund steht nun, die jungen Leute durch Arbeitspädagogik wieder schulfähig zu machen, sie an einen geregelten Tagesrhythmus zu gewöhnen, daran dass sie Pflichten haben. „Einem Schulschwänzer geht es nicht gut beim Schulschwänzen. Er hat Angst vor dem Elternhaus, der Schule, der Polizei. Schulverweigerung lässt sich nicht mit Schule bekämpfen“, sagt der Geschäftsführer. Mit der Neuausrichtung des Konzepts weg von einer Einrichtung ausschließlich zur Haftvermeidung hin zu einer Einrichtung der Jugendhilfe werde sich die Klientel aber nicht ändern, die auf das einstige Gutsgelände kommt. „Hier werden nicht die lieben, braven Jungs herkommen.“ Allerdings auch nicht die Schwerkriminellen.

Dennoch soll ihnen „erstmals Wertschätzung entgegengebracht werden“, formuliert Scheibler, der selbst Diplom-Sozialpädagoge und Lehrer für Deutsch und Geschichte ist.

Die Jungs kommen aus Thüringen, Hessen, Niedersachsen – aus einem Umkreis von etwa 200 Kilometern. Eine größere Entfernung zwischen der Präzeptorei und den Heimatorten der Jungs sei nicht sinnvoll. Dann werde der Kontakt zu den Eltern zu schwierig. Ein Jahr bleiben die Jungs in Schierschwende, maximal zwei. Mehr sieht Scheibler nicht als sinnvoll an. „Sie verbringen sonst zu viel Lebenszeit in der Einsamkeit.“ Wenn nach den Monaten in Schierschwende weitere Hilfe notwendig sei, werde nach einer anderen Einrichtung gesucht.

Scheibler und Ohk wollen das Gelände öffnen. Ein Schritt dazu sind freundlichere Willkommensschilder an der Straße zwischen Schierschwende und Falken. Die Jungs sollen sich in Vereinen einbringen dürfen – beim Fußball oder in der Feuerwehr.

Was die Berufsausbildung angeht: Mit dem neuen Schuljahr werden drei Jungs in Görmar die Berufsschule besuchen.

Zur Präzeptorei

Seit 1999 gibt es die Jugendhilfeeinrichtung auf Gut Schönberg. Seitdem wurden etwa 250 junge Männer im Teenager-Alter betreut.

Die Gebäude waren einst Lusthaus des nahen Gutes Kinderkurhaus und Alten- und Pflegeheim.

Das Wort Präzeptorei stammt vom lateinischen praeceptum (Vorschrift, Lehre). Im Mittelalter und in Früher Neuzeit war Präzeptor die Bezeichnung für den Lehrer, besonders für den Hauslehrer.