Bad Langensalza. Das Experiment geht weiter: Friedrich Berger ist neuer Pfarrer im Erprobungsraum der Kirche in Bad Langensalza. Doch was ist das, ein Erprobungsraum?

Zuhören, zuhören, zuhören: Das betrachtet Friedrich Berger als seine wichtigste Aufgabe. Seit 1. April ist er der neue Pfarrer im Erprobungsraum der evangelischen Kirche. Er finde es spannend, keine feste Gemeinde zu haben, sondern für die da zu sein, die in das Ladenlokal in der Bad Langensalzaer Fußgängerzone kommen, warum auch immer.

Das Experiment Erprobungsraum wurde inzwischen um drei Jahre verlängert und Berger folgte auf Johannes Beck. Der 29-jährige stammt aus Nordhausen und kam nach dem Vikariat in Goseck bei Naumburg nach Bad Langensalza. Er habe sich gut eingelebt, entdecke nach und nach die Region und die Stadt, die ihn baulich begeistere, aber auch, weil sie so voller Leben sei, sagte Berger.

Wie sein Vorgänger tut sich der neue Pfarrer nicht leicht damit, zu erklären, was genau das Projekt darstellt. Die Grundidee sei dieselbe wie von Anfang an: Einen offenen Raum zur Verfügung stellen, „in dem ganz viel möglich sein soll.“ Ohne Vorgaben oder eigenem Programm Platz für Kreativität schaffen und dabei Menschen zusammenzubringen.

Klingt erstmal wie jede andere offene Begegnungsstätte. Aber zum einen habe der Raum keine spezielle Zielgruppe, sondern sei für alle da, sagt Berger. Und auch das Konzept entwickle sich erst nach und nach mit den Nutzern, die hierher kommen. Die Kirche, die manchmal nach wie vor als recht geschlossene Gesellschaft wahrgenommen würde, gehe hier sehr konsequent den Weg mitten hinein in die Gesellschaft. Ohne Zwang zum Glauben oder zur Mitgliedschaft. Aber die Schwelle, mit Kirche in Kontakt zu kommen, sei im Erprobungsraum niedrig.

Kirche steht nicht im Vordergrund

„Die Sichtbarkeit der Kirche steht nicht im Vordergrund, aber der Glaube gehört dazu, auch in dem, was wir tun“, so Berger. Missioniert werde nicht, aber für Gespräche über den Glauben sei er bereit, „wenn ich gefragt werde, wenn der richtige Zeitpunkt da ist“. Menschen zusammenzubringen sei ureigne Aufgabe der Kirche. Wenn er als Pfarrer dabei viel zuhöre, verstehe er das als Seelsorge im ganz klassischen Sinn.

Was daraus werde, das verlange viel Geduld, auch von der Kirche, sagt Berger. Einstweilen ist der Erprobungsraum in Bad Langensalza längst etabliert, wird genutzt von Chören, Bands und Vereinen, es gibt Workshops, eine Mutter-Kind-Gruppe, Spielenachmittage, der ambulante Hospizdienst sitzt hier und als jüngste Errungenschaft wurde eine Küche eingebaut, die für weitere Projekte bereitsteht.

Das erwünschte Netzwerk der Nutzer bildet sich auch heraus – es entsteht quasi ein neue Gemeinde, „eine gute Gemeinschaft“ (Berger), deren Weg die Kirche mitgehe, „ohne zu wissen, wo er hinführt“. Dass es auch innerhalb der Kirche Erklärungsbedarf, mitunter Skepsis oder Unverständnis für das Experiment gibt, weiß er. Auf keinen Fall wolle man Abgrenzung zu den Kirchgemeinden, so Berger. Da müsse man künftig vielleicht mehr kommunizieren. „Wir können uns gegenseitig stärken“, ist er überzeugt.

Mit seinem Team – Hanne Lasch und Nick Böttner — will Berger auch zunehmend in die Region gehen. So gibt es in Bad Tennstedt neben einer Kochrunde inzwischen auch eine Handarbeits- und eine Technikgruppe und bald einen Gartentreff. Ideen habe er, aber noch sei er beim Entdecken und Kennenlernen, sagte Berger.