Susanne Krauß über einen eingängigen Song, ein gelungenes Sommertheaterstück in Eisenach und woher der Demokratieschwund herkommen könnte.

Während ich in der Tankstelle am Autobahnanschluss in Eisenach-West Benzin zapfe, höre ich aus dem Autoradio „Drei Schüsse in die Luft ... und ich ziehe in den Krieg, aber keiner zieht mit“ von Kraftklub aus Chemnitz. Ich singe mal kurz mit – und denke dabei an die Demokratie in unserem Land.

So schnell geht das... Ein eingängiges Lied, ein paar Assoziationen, schon hat man im Hier und Jetzt die Brücke zu einem speziellen Thema geschlagen, an- und weitergeleitet vermutlich durch die Wahlplakate. Die hängen nicht nur in der Weststadt jetzt alle drei Meter und kommen ziemlich langweilig rüber. Vielfalt, aus der man wählen kann? Zumeist hakt sich so ein Gedanke ja an etwas fest, das einem schon länger im Kopf herumliegt.

Das kürzlich besuchte Sommertheaterstück vom Theater am Markt „Sein oder nicht Sein“ im Eisenacher Schlosshof hatte Ähnliches impliziert, und nun, im Verbund mit dem Kraftklub-Song, wuchert es weiter: ein diffus ungutes Gefühl, wenn von Demokratie die Rede ist. Vielleicht weil dieser Begriff so viel öfter gebraucht und (ab)genutzt, als wirklich gelebt wird.

Ernst Lubitsch, der Regisseur von „Sein oder nicht sein“, verpackte seine existenzielle Botschaft 1942 in einen damals dann recht umstrittenen Mix aus Satire und Drama und antwortete den Kritikern, er habe „die etablierten Rezepte satt“.

Mitziehen gegen den Demokratieschwund

Die Zeit gab ihm Recht: Nach wie vor ist sein Stück eine herzerfrischend verwirrende „Dramödie“ mit Tiefgang. Auch der Kraftklub-Text bürstet die viel beschworene Demokratie-Auffassung gegen den Strich: Mitgestalten, mitentscheiden, mitteilen bedeutet eben auch mitziehen in einen Kampf gegen den Demokratieschwund.

Statt „Reaktion“ auf die drei Schreckschüsse „nur Beschwerden über Krach“ und „allen ist alles egal außer dem Handyvertrag“.

Mit der vom Leben genährten Theater-Illusionsmaschinerie verabschiedet sich mein Gedankengang. Wie hieß es doch gleich bei Friedrich Schillers „Wilhelm Tell“? – „Verbunden werden auch die Schwachen mächtig.“ … Im Übrigen auch die Ignoranten und die Gefährlichen… heute in einer Woche auf ist das dem Eisenacher Marktplatz live zu erleben.