Eisenach. Schüler des Elisabeth-Gymnasiums gestalten die Auswände des Achava-Festzelts.

Alexandra Husemeyer, Mitarbeiterin des Eisenacher Lutherhaues für Museumspädagogik, hat einen Graffiti-Workshop zum Thema „Spuren jüdischer Geschichte“ am Elisabeth-Gymnasium in Eisenach angeregt. „Uns begegnen Antisemitis-mus und Rassismus versteckt überall. Uns begegnet Ablehnung im Alltag. Darum wollen wir die Zivilcourage und Offenheit stärken sowie den Mut zur Toleranz fördern“, erklärt sie ihr Anliegen.

Die Missbilligung von Minderheiten sei nicht einzig ein historisches Problem und kein „Vogelschiss in der Geschichte“, wie der AfD-Politiker Alexander Gauland die Zeit des Nationalsozialismus betitelte. Gerade heute müsse man eine klare Position gegen Judenhass beziehen sowie Stigmatisierung und Diskriminierung konsequent ablehnen. Zu diesem Zweck wolle sie, den Dialog zwischen Menschen verschiedener Religionen und Weltanschauungen fördern.

Festival im September auf dem Lutherplatz

Schüler der siebten und achten Klassen des Elisabeth-Gymnasiums konnten zusammen mit Alexandra Husemeyer und drei Lehrerinnen im Rahmen ihrer Projektwoche mehr über die Geschichte des Judentums und den Antisemitismus erfahren. Ziel einer Aktion war es auch, die Außenwände eines Zeltes zu designen, das während des Achava-Festivals, den christlich-jüdischen Begegnungstagen im September, auf dem Eisenacher Lutherplatz stehen wird.

Multimedial – mit Sachbüchern und Belletristik, mittels Bildern berühmter Juden wie dem Physiker Albert Einstein oder auch der Schauspielerin und Oscar-Preisträgerin Natalie Portman, anhand von Requisiten wie einer Kippa oder dem symbolhaften siebenarmigen Leuchter, und begleitet durch jüdische Musik – lernten die jungen Leute mit Spaß und Interesse am Freitag zunächst mehr über die im Unterricht wenig thematisierte Problematik. Den zweiten Tag des Workshops nutzten die Schüler und Lehrerinnen, um in vier Bereichen untergliederte Themen zu sammeln, von allgemeinen Motiven wie der Geschichte der Stadt Eisenach über koscheres Essen und Wassers bis hin zu Avital Ben-Chorin. Sie war eine in Eisenach als Erika Fackenheim geborene Jüdin und spätere Ehrenbürgerin der Stadt, die unter dem Druck der Nationalsozialisten 1936 nach Jerusalem flüchtete und ihr Leben dem christlich-jüdischen Dialog widmete. Mit Hilfe von Videos, von Husemeyer und vom professionellen Kunstmaler und Sprüher Max Kosta wurden die Teilnehmenden des Workshops dann an die Erstellung der Graffiti herangeführt und entwickelten erste eigene Entwürfe für die geplante Arbeit.

Am Dienstag war es soweit: Endlich begann das Sprayen. Auf fünf PVC-Planen mit jeweils sechs Quadratmetern Fläche zeichneten und sprühten die neun Mitwirkenden des Projekts unter Anleitung von Max Kosta ihre Motive. Eine weitere, sechste Plane wird durch Max Kosta selbst und durch Malik Alkhalifa, einem Künstler und Lehrer aus Syrien, der einen Kaligraphie-Workshop im Lutherhaus leitet, bearbeitet. Alle Werke, die es Dienstagmittag noch nicht waren, wurden am darauffolgenden Tag fertiggestellt.

Dieser und alle weiteren von Alexandra Husemeyer organisierten Workshops sollen auch die Sonderausstellung des Lutherhauses zur Entstehung und Tätigkeit des „Instituts zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“ populär machen.

Dieses sogenannte Entjudungsinstitut wurde 1939 von elf evangelischen Landeskirchen in Eisenach gegründet und bestand bis 1945 fort. Die historischen und geistigen Hintergründe sowie die Folgen und Aufarbeitung seines Wirkens werden den Schwerpunkt der Ausstellung bilden, die im Rahmen der Achava- Festspiele am 19. September dieses Jahres um 18 Uhr zum ersten Mal ihre Pforten für Besucher öffnet.