Eisenach. Eisenachs Handballer reißen beim dramatischen 27:26 über Mitaufsteiger Konstanz ein verloren geglaubtes Spiel noch aus dem Feuer. Tokic war der Mann der letzten Minuten.

Nein, mit den beiden Niederlagen aus der Relegation im Mai wollte Daniel Eblen dieses unfassbare Spiel nicht vergleichen. Damals ging es im K.o.­- Modus um den Aufstieg, diesmal nur um zwei von 68 möglichen Saisonpunkten. Und statt mit fünf hatten die Konstanzer auch nur mit einem Tor verloren. In einem Match allerdings, das sie hätten gewinnen müssen.

„Es ist schwer, Worte zu finden“, meinte der sichtlich getroffene Gästetrainer nach der für ihn bittersten aller Pointen. Drei Sekunden vor Schluss hatte Eisenachs wuchtiger Rechtsaußen Ante Tokic den Ball zum kaum noch für möglich gehaltenen 27:26-Happy-End im Konstanzer Tor versenkt. Es war der Augenblick, in dem das ganze Glück vom Handball-Himmel fiel – und Eisenach partout nicht mehr ausweichen konnte.

Ein Triumph, der fast aus dem Nichts kam. 50 Minuten lang hatte der Mitaufsteiger vom Bodensee die Werner-Aßmann-Halle dominiert und ein richtig gutes Handballspiel zelebriert. „Doch dann ist irgendwie unser Mut flöten gegangen“, meinte Eblen und nickte zugleich anerkennend Richtung Tokic: „Das war großer Sport.“

Bis dahin freilich waren die lange ratlosen Eisenacher klaren Rückständen (10:16/35.) hin­tergelaufen, ehe sie nach ei­nem Dreifach-Tor-Donner binnen 60 Sekunden erstmals überhaupt in Front zogen (21:20/52.).

„Wir haben schwer ins Spiel gefunden“, räumte Rechtsaußen Willy Weyhrauch ein. Erst nach dem Wechsel, als sich passable Torhüterleistung (Blaz Voncina) und zupackende Deckung ergänzten, nahm auch der Angriffsmotor spürbar Tempo auf.

Und doch fing sich Konstanz noch einmal. Beim 25:26 zwei Minuten vor Schluss sprach wieder alles gegen Eisenach, das sich nach der dritten Zeitstrafe gegen Obranovic nun sogar in Unterzahl gegen die drohende Niederlage wehren musste.

Dann aber überschlugen sich die Ereignisse. Das Protokoll anderthalb irrer Minuten: Tokic gleicht aus. 26:26. Noch 80 Sekunden. Konstanz will schnell zurückschlagen, leistet sich ein unnötiges Stürmerfoul. Noch 40 Sekunden. Ballbesitz und Auszeit Eisenach. Noch 20 Sekunden. Tokic wirft und – scheitert. Große Parade von Gästetorhüter Haßferter. Von seiner Brust springt der Ball ins Aus. Einwurf Eisenach. Der Ball landet wieder bei Tokic. Noch drei Sekunden. Wurf, Tor, Sieg, Aus.

„Im Handball ist alles möglich“, sinnierte Sead Hasanefendic „sehr, sehr zufrieden“. Eisenachs Trainer war sich seines Glücks wohl bewusst. Auch er sah sich von Konstanz überrascht („So stark habe ich ihre Abwehr nicht erwartet“) und monierte die mageren zwei Tore bis zur 20. Minute. Zugleich sah sich Eisenachs Handball-Weiser weiter auf der Suche: nach ei­nem „Vertreter für unseren Mittelmann“. Ohne Yoav Lumbroso läuft nämlich derzeit nichts im ThSV-Spiel, dabei zählt der Israeli – was man immer wieder schnell vergisst – gerade erst 19 Jahre. Auch Potisk (20), Snajder (22) und Racic (21), der in der Endphase die mögliche Zwei-Tore-Führung in der Hand hatte, gehören zu dieser Kategorie.

„Da braucht manches Zeit“, sagte Eisenachs Manager René Witte, „aus Fehlern müssen sie lernen.“ Kämpferisch aber habe die Truppe alles gegeben: „Als wir den Fünf-Tore-Rückstand wettmachten, war der Glaube auf Parkett und Rängen zurück.“ Auch bei Alexander Saul, den zur Halbzeit Zweifel plagten. Der wurfstarke Halbrechte musste auf die Zähne beißen, nachdem er wieder auf dem verletzten Fuß (Bänderriss) gelandet war. Gegen zehn humpelte er aus der Halle. Schonung bis Mittwoch. Er lächelte trotzdem: „Hauptsache, gewonnen.“