Gotha. Geschichte des Gothaer Landes: Als der Beat den Rhythmus der jungen Leute prägte. Ein Rückblick auf legendäre Nächte und Konzerte in Gotha.

  • Gotha wird zu einem Mekka des Beats in Thüringen.
  • Jugendklub 70 startet in den „Vier Jahreszeiten“ mit der Band „Modern Soul“.
  • Schlossmuseum Werke von „Künstler der Sowjetunion und anderer sozialistische Länder“.

Der Wettbewerb „Schöner unsere Städte und Gemeinden – Mach mit!“ war eine der größten Aktionen der Nationalen Front der DDR und knüpfte an das Nationale Aufbauwerk an. DDR-Bürger wurden dazu angehalten, in ihrer Freizeit und an Wochenenden unentgeltliche Arbeitsleistungen (Subbotnik) zu erbringen. Meist erfolgte die Beteiligung im Rahmen von Haus-, Wohngebiets- oder Dorfgemeinschaften, örtlichen Organisationen, Sport- oder Arbeitskollektiven. Auch kulturelle Aktivitäten wie der „Ökulei“, ökonomisch-kultureller Leistungsvergleich, gehörten dazu. Den „Ökulei“ bezeichnet eine spezielle Form des sozialistischen Wettbewerbes der Arbeitskollektive um den Titel „Kollektiv der sozialistischen Arbeit“.

1970 wurde 100. Geburtstag Lenins gefeiert


Das Jahr 1970 wurde in Gotha mit mehreren kulturellen Höhepunkten begangen. So standen damals der 100. Geburtstag Lenins, der 25. Jahrestag der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) sowie der 25. Jahrestag der Befreiung vom Hitlerfaschismus an. Letzterer wurde am 9. Mai im Stadion mit abschließendem Feuerwerk begangen. Im Juni folgten die Gothaer Festspiele mit der Stadt-Spartakiade (Leichtathletik, Schwimmen, Turnen und Tischtennis), der Estrade der Volkskunst und einem Solidaritätskonzert. Im August beging die Stadt den 250. Geburtstag von Conrad Ekhof mit Ehrungen durch den Verband der Theaterschaffenden, einer Ekhof-Tagung und dem Auftritt des Gothaer Arbeitertheaters.

Als Trio spielten Ferdinand Schmidt, Robert Albracht und Willi Woigk im Traktorenwerk für den Jugendklub 70.
Als Trio spielten Ferdinand Schmidt, Robert Albracht und Willi Woigk im Traktorenwerk für den Jugendklub 70. © Archiv | Heiko Stasjulevics

Von Juli bis Oktober fanden drei „Ökulei“-Veranstaltungen in den Wohnbezirken 3, 4 und 5 statt. Weit über 1000 Besucher waren dabei. Viel besucht war auch wieder das Fest der 1000 Lichter am 1. September in der Orangerie.

Auch die Museen der Stadt leisteten ihren Beitrag zu den Jubiläen. So zeigte das Schlossmuseum eine Sonderausstellung mit dem Thema „Künstler erleben die Sowjetunion und andere sozialistische Länder“, das Museum der Natur widmete sich in einer Ausstellung der Entwicklung des wissenschaftlichen Weltbildes in der Biologie und im Museum für Regionalgeschichte und Volkskunde konnte man Exponate zur jüngsten Geschichte des Kreises, von 1918 bis zur Gegenwart, sehen.

Zu jener Zeit spielte der Jugendklub 70 eine immer größere Rolle in der Jugendarbeit der Stadt und wurde daher in den Kulturbund der DDR aufgenommen. Ursprünglich wollten die Gründer um Gisbert Deutrich einen reinen Jazz-Club etablieren. Die ersten Veranstaltungen fanden in der Gaststätte „Vier Jahreszeiten“ in Siebleben mit der Band „Modern Soul“ statt. Die darauf folgenden Veranstaltungen waren legendär, denn der Club hatte sich auf die Fahnen geschrieben, erstklassige Bands, Musiker und Künstler nach Gotha zu holen. Und so kamen: Manfred Krug, Uschi Brüning, Günther Fischer, Klaus Lenz, Dresden Septett, Jürgen Kerth, Lift und Blues Vital.

Die Kapelle Friedensteiner bestand aus Musikern des Staatlichen Sinfonieorchesters Thüringen, hier bei einem Konzert auf der einstigen Freilichtbühne in der Orangerie.
Die Kapelle Friedensteiner bestand aus Musikern des Staatlichen Sinfonieorchesters Thüringen, hier bei einem Konzert auf der einstigen Freilichtbühne in der Orangerie. © Archiv | Heiko Stasjulevics

Im Zeitraum von April 1970 bis März 1971 gab es 737 Veranstaltungen des Jugendklubs mit 100 763 Teilnehmern! Beeindruckend für eine Stadt wie Gotha. Ob zu Foren, Vorträgen, Tanzveranstaltungen, künstlerischen oder literarischen Events, das Publikum strömte in Scharen in das Kulturhaus des Traktorenwerks, die Speisesäle von Waggonbau und Getriebewerk, in Stadthalle, „Mohren“ und „Goldenen Kranz“ in Sundhausen. Zu den 216 oft hochkarätig besetzen Tanzabenden zählte man 65.220 Besucher.

Zu den Arbeitsgemeinschaften, die in jener Zeit im Traktorenwerk ansässig waren, gehörte auch der bekannte Fotozirkel „Obscur“. Die Fotos der Mitglieder waren teilweise von künstlerischem Wert. Fotografen wie Kurt Löffler, Ernst Prause oder Jürgen Trübenbach zählten zu den Protagonisten.

Der damalige Bürgermeister Kurt Anding freute sich auch über die Gothaer Volkskunst und listete insgesamt 151 Gruppen mit 1466 Mitgliedern auf. Darin befanden sich 23 Chöre, sieben Singeklubs, 13 Instrumentalgruppen, 17 Kapellen, sieben Tanzgruppen, fünf Kabarett- und Theatergruppen, 14 Amateurfilm- und Fotozirkel sowie drei Zirkel, die sich der Schneiderei und Textilarbeit widmeten.

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