Ilmenau. Zaher Bustani flieht über das Mittelmeer. In Deutschland gründet er eine Familie.

Fünf Jahre ist die sogenannte Flüchtlingskrise her. Die Zahl der Asylbewerber verdoppelte sich im Jahr 2015. 1000 Geflüchtete wurden damals allein dem Ilm-Kreis zugewiesen, so viele wie noch nie. Dem berühmten Satz „Wir schaffen das“ wollten viele keinen Glauben schenken. Befürchtungen und Ängste gab es, Fremdenfeindlichkeit. Was ist aus den Menschen geworden, die zu uns kamen?

„Als durch Bombenabwürfe mehrere Familienangehörige und Freunde starben, wusste ich, ich muss das Land verlassen“, erzählt Zaher Bustani. Der heute 33-Jährige entschied sich vor sechs Jahren zur Flucht aus seiner Heimat Syrien. Vom nordsyrischen Idlib aus ging es erst in die Türkei, dann über Algerien nach Libyen. Das Mittelmeer überquerte der junge Syrer in einem völlig überfüllten Boot. 22 Stunden dauerte die Überfahrt. „Es war schrecklich, wenn ich das vorher gewusst hätte, wäre ich vielleicht nicht gegangen.“

Nach 20 Tagen Flucht war Berlin die erste Station in Deutschland. Nach ein paar Monaten in der Flüchtlingsunterkunft konnte er zu einem Bekannten nach Leipzig.

Zaher Bustani stammt aus Syrien und arbeitet heute als Arzt in Weiterbildung in den Ilm-Kreis-Kliniken in Ilmenau.
Zaher Bustani stammt aus Syrien und arbeitet heute als Arzt in Weiterbildung in den Ilm-Kreis-Kliniken in Ilmenau. © Zaher Bustani

Schon im Jahr 2010 begann Zaher Bustani, Deutsch zu lernen. Da studierte er bereits seit drei Jahren Medizin im ukrainischen Saporoshje.

Noch im Dezember 2014 legte er die Sprachprüfung ab, die zum Studium in Deutschland erforderlich ist. Ein Jahr später kam eine weitere Prüfung, die speziell für Mediziner ist, hinzu. Die Approbation, die Zulassung als Arzt, erhielt Bustani ein Jahr später. Der erste Arbeitgeber waren zufällig die Ilm-Kreis-Kliniken. So verschlug es Bustani nach Ilmenau, wo er seit fünf Jahren in der Orthopädie/Unfallchirurgie als Arzt in Weiterbildung arbeitet.

Damit ist er einer von 15 Ärzten in den Ilm-Kreis-Kliniken, die aus Syrien stammen. Und einer von vier Syrern in seiner Abteilung.

Einige Male im Monat fährt der junge Mediziner auch Notarzteinsätze. Nächstes Jahr steht die Facharztprüfung auf dem Plan, dazu wechselt er ans Helios-Klinikum nach Erfurt. Später sind vielleicht noch Spezialisierungen in seinem Fachgebiet und auch der Karrieresprung zum Oberarzt geplant.

Zaher Bustani lebt in Ilmenau. Durch Familiennachzug kam seine Frau Walaa (30) auch nach Deutschland. Sie war in Syrien Lehrerin und will ihren Master in Deutschland nachholen, wenn der Nachwuchs alt genug ist, um in den Kindergarten zu gehen. Mira (2) und Yassin (1) kennen die Heimat ihrer Eltern nicht, sollen aber zweisprachig aufwachsen.

„Ich habe viele Freunde in Ilmenau“, so Zaher Bustani. Auch einer seiner Neffen wohnt inzwischen hier. Er betreut einen arabischen Lebensmittelladen, den Bustani vor zwei Jahren übernommen hatte. Zu seinen Hobbys zählt das Fitnessstudio und das Fahrradfahren mit Freunden. Er liest auch viel, allerdings meist Fachbücher. Ausländerfeindlichkeit spürt der Syrer in Ilmenau kaum. Das hat er eher in größeren Städten wie Leipzig oder Dresden erlebt, wie er sagt. „Ich mag Dörfer und kleine Städte.“

Von der Struktur, dem Klima und den Bergen ist es in Ilmenau fast wie zuhause, so Zaher Bustani. „Und ja, bei uns gibt es im Winter auch Schnee“, sagt er. Ob er sich vorstellen kann, wieder in die alte Heimat zurückzukehren? „Vielleicht später, wenn die Kinder groß sind und studieren. Heimat bleibt Heimat.“