Lengenfeld/Stein. Ministerpräsident kommt zum Zuhören nach Lengenfeld unterm Stein und wird dort mit den Sorgen der Menschen im ländlichen Raum konfrontiert – und auch mit den großen politischen Fragen.
Sportplatz. Der Zustand der Schulgebäude und der Sporthalle. Die Versorgung im Dorf mit dem Lebenswichtigen.
Es war einiges, das den Lengenfeldern auf dem Herzen lag, als sie im Dorfgemeinschaftshaus Thüringens Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) zu einer Diskussionsrunde zu Gast hatten. Zuvor hatte er Draisinenbahnhof und das sanierungsbedürftige Viadukt besucht.
Die Gastwirtschaft fehlt. Die Apotheke ist seit diesem Frühjahr weg. Geblieben ist ein Briefkasten des Heyeröder Apothekers. Der Fleischer schließt. In Sachen Grundversorgung stehen Lengenfeld unterm Stein schwierige Zeiten bevor. Die Politik kann da wenig machen, meint Ramelow. „Das ist eben Kapitalismus“, meint Ramelow und schlägt den Lengenfeldern vor, über ein Genossenschaftsmodell für einen Nahversorger nachzudenken. Ein solches funktioniert inSchönstedt. Von einem 24-Stunden-Markt, so wie er in Altengottern und in Kammerforst betrieben wird, rät der Regierungschef – derzeit – ab. „Der ist generell eine gute Sache, aber so kann ich Ihnen den nicht empfehlen; das Betreiberkonzept muss sich erst sortieren.“
Landkreis priorisiert Schulsanierung
Wenig Einfluss habe man auch auf die Schulsanierung. Den Zustand des Gymnasiums hatten Elternvertreter in der Vergangenheit immer wieder kritisiert. Einfluss auf den Zustand der Schulen habe einzig der Landkreis. „Der priorisiert seine Sanierungspläne“, meint Ramelow und schickte den Appell in Richtung Kommunalpolitik und Lehrerschaft hinterher, über das Zusammenschließen von Schulen nachzudenken. „So wie in Greußen, wo sich Gymnasium, Regelschule und Grundschule organisatorisch unter einem Dach befinden.“ Je mehr Schüler eine Schule hat, je höher steigt sie in der Prioritätenliste.
Dass der Unstrut-Hainich-Kreis in Sachen Digitalisierung der Schulen nach Meinung der Diskussionsrunde hinterher hinkt, das wollte auch Ramelow nicht verneinen. „Auch auf die Gefahr hin, dass ich mir jetzt schlechte Laune organisiere: Aber der Eichsfeldkreis ist in Sachen Digitalisierung einer der vorbildlichsten in ganz Thüringen.“ Den Grund sieht er aber nicht bei Verwaltung und Kreistag: „Der Unstrut-Hainich-Kreis war über Jahre chronisch unterfinanziert und wurde vom Rechnungshof drangsaliert, weil man den Landrat kaputt machen wollte.“
Kleinbusse und Pkw für den Nahverkehr auf dem Land
Doch den Beifall im Saal des Dorfes aus der Gemeinde Südeichsfeld, in der man zur Landtagswahl 2019 mit 48,8 Prozent den CDU-Direktkandidaten und mit 42,3 Prozent die CDU gewählt hat, gibt es auch für typisch linke Themen: Nein, Arztsitze, Krankenhäuser und Reha-Einrichtungen gehören nicht an die Börse. Ja, es braucht eine Bürgerversicherung; alles andere ist Stückwerk.
Zuhören und Ideen entwickeln, das sei Anliegen seiner Tour „Ramelow direkt“. Und Ideen brauche auch der öffentliche Nahverkehr. „Wir müssen dahin kommen, dass man auch im ländlichen Raum ohne Auto leben kann.“ Der Landkreis Kronach in Bayern mache es mit seinem Rufbussystem vor. Beispiele, die auch in Thüringen funktionieren, seien Transportmöglichkeiten, die von Ehrenamtlichen abgesichert werden, und Bürgerbusse.