Wendehausen. Zwischen Wendehausen und Heldra öffnete einer der letzten innerdeutschen Grenzübergänge, an dem vom ersten Tag an quasi nur durchgewunken worden war.

Zwischen dem Automobilwerk Eisenach und Opel Rüsselsheim wurde ein erster Vertrag zur Zusammenarbeit geschlossen, Litauen koppelte sich als nun eigenständige Republik von der Sowjetunion ab und die Leipziger Frühjahrsmesse erlebte einen nie gekannten Ansturm – das waren die überregionalen Schlagzeilen des 11. März 1990.

Dafür interessierten sich die Menschen in Wendehausen und Heldra damals eher beiläufig. Denn an diesem Sonntag fiel gegen 13 Uhr endlich zwischen dem Thüringer Dorf und dem hessischen Nachbarort Heldra der Eiserne Vorhang. Hunderte Menschen aus Ost und West feierten bei strahlendem Frühlingswetter das denkwürdige Ereignis der Grenzöffnung, nachdem der Mauerfall im Lande kaum noch ein Thema war und alle Welt auf den 18. März als Tag der ersten freien Wahlen in der DDR blickte.

Zwischen Wendehausen und Heldra öffnete damit einer der letzten innerdeutschen Grenzübergänge, an dem vom ersten Tag an quasi nur durchgewunken worden war.

Und bis heute halten die beiden partnerschaftlich verbundenen Dörfer an einer selten gewordenen Besonderheit fest. Denn sie feiern abwechselnd Jahr für Jahr den Tag der Grenzöffnung. Nur die Feier des jetzigen 30. Jahrestages, die eigentlich in Heldra begangen werden sollte, muss wegen der Corona-Krise verschoben werden.

Einen symbolischen Akt in kleinem Kreis gab es trotzdem an der hessisch-thüringischen Landesgrenze. Dazu hatten sich Heldras Ortsvorsteherin Ursula Trebing, Wendehausens Ortschaftsbürgermeister Frank Peterseim (SPD), Südeichsfeld-Bürgermeister An-dreas Henning (parteilos) und Wanfrieds Bürgermeister Wilhelm Gebhard (CDU) mit Bürgern beider Orte eingefunden. Die Bürgermeister erklärten übereinstimmend: „Diese Konstanz einer gelebten deutsch-deutschen und hessisch-thüringischen Freundschaft sucht sicherlich entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze ihresgleichen.“

Eine zuvor gepflanzte Robinie, der Baum des Jahres 2020, wurde symbolisch mit Erde und Rindenmulch von den beiden Bürgermeistern, Heldras Ortsvorsteherin und Wendehausens Ortschaftsbürgermeister angefüllt. Landrat Harald Zanker (SPD) hatte den Baum anlässlich des historischen Jahrestags im Namen des Unstrut-Hainich-Kreises gestiftet. Die Stadt Wanfried und der Ortsbeirat Heldra wiederum stifteten einen Blumenkranz zum Gedenken an den Jahrestag. Ankommende Autofahrer durften sich über frische Tulpen freuen, die ihnen zur Begrüßung und Erinnerung an das denkwürdige Ereignis vor 30 Jahren überreicht worden waren.

Vor fast genau 36 Jahren, am 22. März 1984, starb nicht weit von Wendehausen ein Mensch bei dem Versuch, die Grenzanlagen zu überwinden. Der damals 20-jährige Frank Mater, der sich aus Richtung Wendehausen der Grenze näherte, wurde durch das Auslösen einer mittleren Mine gegen 13.37 Uhr schwer verletzt. „Nach Abschluss der Bergung des Grenzverletzers gegen 14.05 Uhr und Abtransport zum befohlenen Übergabepunkt wurde durch den Regimentsarzt gegen 14.20 Uhr der Tod festgestellt“, hieß es damals im Protokoll der DDR-Grenztruppen.