Hohe Schrecke. Ganz plötzlich gibt der alte Wald den Blick frei auf das filigrane, 180 Meter lange Seilgebilde, das in sanftem Schwung das urwüchsige Bärental in der Hohen Schrecke bei Braunsroda (Kyffhäuserkreis) überspannt.

Ganz plötzlich gibt der alte Wald den Blick frei auf das filigrane, 180 Meter lange Seilgebilde, das in sanftem Schwung das urwüchsige Bärental in der Hohen Schrecke bei Braunsroda (Kyffhäuserkreis) überspannt. Eine Hängebrücke lädt seit gestern dort ein, die Natur wie im Schwebeflug aus 25 Metern Höhe über dem Talgrund zu erleben – allerdings auch schaukelnd wie auf Flügeln im Wind. „Wir haben hier ja auch einfach nur 200 Meter etwas dickere Wäscheleine von einem Hügel zum anderen gespannt“, scherzt David Baselgia, Chef der Firma aus der Schweiz, die in den zurückliegenden drei Monaten die Brücke gebaut hat.

Zunächst noch etwas wacklig auf den Beinen überwinden einige der ersten Benutzer die ersten paar Meter auf der Brücke, nachdem diese freigegeben worden war. Schnell aber werden die Tritte sicherer und die Augen schwenken von den Holzplanken auf dem Seilsteg, auf denen sie nach sicherem Halt geforscht hatten, über die Geländertrossen hinaus auf die Naturschönheiten links und rechts.

Ob Leichtathletik-Superstar Usain Bolt dafür ein Auge haben wird, wenn er im kommenden Jahr in seinem vollen Tempo als ehemals schnellster Mann der Welt über die Seilbrücke sprinten soll, bleibt abzuwarten. Dass der Jamaikaner auf dem schwankenden Pfad über Nordthüringer Urwald eine Rekordmarke über 180 Meter Hängeseilpiste in die Holzplanken brennen will, steht für Hans Pfaffen fest. Der Schweizer Brückenbau-Ingenieur habe zum Dank für den Auftrag in der Hohen Schrecke mit Bolts Manager, den er persönlich kenne, vereinbart, dass der Supersprinter übers Bärental flitzt, versichert er. „Ihre Aufgabe ist nun, nur noch einen Termin dafür zu organisieren“, erklärte er Dagmar Dittmer, der Vorsitzenden vom Verein „Hohe Schrecke – Alter Wald mit Zukunft“. Diese versprach aus dem Bauch heraus: „Es wird dafür ein großes Brückenfest geben!“

Anders als viele Gäste bei der Brückeneröffnung gestern, wird Bolt wohl nicht mit zittrigen Knien auf die Planken treten. Er hat dann aber wahrscheinlich nicht die etwa drei Kilometer Fußmarsch über wellige Wald- und Wiesenwege in den Beinen, wie diese und alle anderen Wanderer künftig auch.

„Die Brücke wurde so angelegt, dass sie auf reguläre Weise nicht per Auto erreicht werden kann. Wer sich das besondere Erlebnis, von der Brücke über das Bärental zu schauen, nicht entgehen lassen will, muss dafür einen Fußmarsch in Kauf nehmen“, stellt Dagmar Dittmer klar. Anders sei die Urwüchsigkeit der Landschaft nicht zu erhalten.

Aus Sorge, dass gewaltige Besucherströme über die Brücke das Wild aus dem Revier Bärental vertreiben, hatten Jäger anfangs gegen das Projekt protestiert. Inzwischen sieht Gudrun Holbe, CDU-Landtagsabgeordnete aus der Region und Mitglied vom Hohe-Schrecke-Verein, solchen Unmut gelegt und stattdessen Optimismus, dass die Bärental-Brücke die Region mit naturverträglichem Tourismus bereichert. Schätzungen gehen immerhin von bis zu 30.000 Besuchern pro Jahr aus.

Von der Hängeseilbrücke als einem bislang einzigartigen Portal zu einer der schönsten Urwaldperlen im Norden Thüringens dürfen sich auch aus Sicht von Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) gern viele Naturfreunde angezogen fühlen. „Hier ist etwas entstanden, das zeigt, wie touristisch interessante Highlights mit einem unmittelbaren Naturerlebnis verknüpft werden kann, ohne Umwelt und Landschaft zu stören“ sieht sie die Bärental-Hängebrücke als Vorzeigeprojekt.

Nicht umsonst habe der Freistaat Thüringen dafür fast eine Million Euro aus einem Landschaftsentwicklungsfonds der Europäischen Union freigegeben.

An Drahtseilen über wilden Wald

In 25 Metern Höhe überspannt die neue Hängeseilbrücke das Bärental in der Hohen Schrecke auf 180 Metern Länge. Vier Stahlseile, insgesamt mit einer Zugkraft, die 270 Tonnen entspricht, sind
gespannt, halten den Laufsteg aus Metallstreben und Holzplanken.Zusätzliche Seile halten die sonst frei schwingende Konstruktion bei starken Winden in stabiler Lage.Die Brücke hat genug Tragkraft, dass auf jedem Quadratmeter der Lauffläche gleichzeitig vier Menschen stehen können.15 Meter lange Stahlanker, die ins Gestein der Talhänge einbetoniert sind, halten die Betonlager an beiden Enden der Brücke.Die Kosten für den Brückenbau summieren sich auf etwa 1,1 Millionen Euro. Mehr als 960.000 Euro davon hat der Freistaat Thüringen aus dem Landschaftsentwicklungsprogramm der Europäischen Union zur Verfügung gestellt. Träger des Projekts ist der Verein „Hohe Schrecke – Alter Wald mit Zukunft“. Drei Monate dauerte der Bau der Brücke.