Wiehe. Geboren 1919: In Wiehe feiert Luise Wolny ein ganz besonderes Jubiläum und kann sich über viele Gratulanten freuen. Mit 100 Jahren mag sie am liebsten Garten, frische Luft und Kreuzworträtsel.

Es gibt Jubiläen, die zu feiern nur ganz wenigen Menschen vergönnt ist. Luise Wolny ist so ein Mensch. Am vergangenen Sonntag feierte sie in Wiehe ihren 100. Geburtstag.

Das Alter ist der gebürtigen Oberschlesierin nicht anzusehen. Lächelnd sitzt die Jubilarin unter dem Zeltdach im Hof am Ende der langen Tafel in der Hollywoodschaukel, lässt sich gratulieren, stößt mit den Gästen an und nippt vom Mineralwasser und fragt interessiert, wenn sie jemand nicht sofort erkennt. Mit wachem Blick verfolgt sie das Geschehen. Der Hof ist geschmückt mit Wimpeln und Luftballons, auf denen eine große Hundert steht. Sogar Konfetti mit der stolzen Zahl liegt verstreut. Gelegentlich schaut die Mischlingshündchen „Bella“ vorbei, Luise Wolny gibt ihr Streicheleinheiten. Dann verschwindet der schwarze Vierbeiner mit den frechen Knopfaugen wieder. Das Gewusel ringsum ist einfach zu aufregend.

Seit 15 Jahren lebt Luise Wolny in Wiehe. Tochter Erika Döhler (76), die einige Jahre zuvor ihren Lebensmittelpunkt von Elgersburg im Ilm-Kreis zu ihrer Liebe Benno in den Kyffhäuserkreis verlegt hatte, holte die Mutter aus Rademin (Altmark) zu sich und pflegt sie. Außerdem gibt es noch Bruder Alfred (78), der bei Dresden wohnt.

Als eines von fünf Geschwistern war Luise Drobek am 11. August 1919 in Kreuzburg zur Welt gekommen. Nach 8-jähriger Schulzeit verdingte sie sich als Kinder- und Hausmädchen und später in der Landwirtschaft. Gern wäre sie nach der Schule Diakonieschwester geworden, um Kranken zu helfen, steht in ihrer Biografie, die ein ganzes Buch füllt. Doch die Ausbildung sei für die Mutter zu teuer gewesen.

Als sie 1941 Erich Wolny heiratete, war Sohn Alfred schon auf der Welt. 1942 folgte Tochter Erika. Im Januar 1945 musste Luise Wolny die Heimat Kreuzburg verlassen, allein mit zwei Kindern. Erich Wolny war im Krieg. Nach tagelanger Flucht kamen sie schließlich bei der Schwägerin in der Altmark un-ter. Ehemann Erich kehrte krank aus dem Krieg zurück. „Meine Mutter hatte es nie leicht“, sagt Erika Döhler. „Viel lastete auf ihren Schultern. Und sie hat hart gearbeitet. Hauptsache war für sie immer, dass es den Kindern gut geht.“

Als der Mann 1968 starb, war Luise Wolny 48 Jahre alt.

Bis ins hohe Alter lebte die heute 100-Jährige in Rademin im eigenen Haus. Auf die Frage, was sie so fit gehalten habe, müssen Mutter und Tochter nicht lange überlegen: Die viele frische Luft, antworten Luise Wolny und Erika Döhler. „In Rademin gibt es viel Wald. Dort hat Mutti immer Beeren gesammelt und Pfifferlinge gesucht. Sie ist ein Naturmensch durch und durch.“ Und ihr Garten habe immer ausgesehen wie geleckt.

Noch heute ist Luise Wolny, die außerdem zwei Enkel sowie drei Urenkel hat, am liebsten im Garten. Und eine der Lieblingsbeschäftigungen der 100-Jährigen ist das Kreuzworträtseln. „Bis vor einem Jahr hat sie sogar noch Topflappen gehäkelt – und zwar vom Feinsten!“, erzählt Erika Döhler und blickt die Mutter liebevoll an. Und jeden Mittwoch freue sie sich auf die neue Rätselzeitschrift. Dann gehe das Licht im Zimmer der Mutter oft erst gegen Mitternacht aus.

Auch Fernsehen schaut Luise Wolny gern. Am liebsten die Sendung „Bares für Rares“, wo Leute alte Sachen verkaufen.

Am Sonntag zum Geburtstag herrscht auf dem Hof ein Kommen und Gehen. Die Familie ist da und die ganze Nachbarschaft in Wiehe. Die Jagdhornbläser bringen ein Ständchen, und zusammen mit Ortschaftsbürgermeisterin Dagmar Dittmer (CDU), die jedes Jahr zum Gratulieren kommt, ist diesmal sogar der neue Bürgermeister Steffen Sauerbier (SPD) gekommen. „Ein junger Bürgermeister. Der wird nicht so schnell alt“, lächelt Luise Wolny verschmitzt.