Weimar.

Die katholische Herz-Jesu-Kirche in Weimar beherbergt zahlreiche Figuren und Bilder. In loser Folge werden Abbildungen aus dieser Kirche vorgestellt, deren Bedeutung für den Alltag näher erläutert und dazu erklärende Geschichten erzählt.

Die heilige Barbara lebte vor ungefähr 1700 Jahren. Weil sie sich während der römischen Christenverfolgungen nicht von ihrem christlichen Glauben abbringen ließ, wurde sie hingerichtet. Vorher hatte ihr eigener Vater sie in einen Turm gesperrt, um sie von allen Kontakten zu ihren Freunden abzuschotten. Als Barbara in ihr Turmgefängnis geführt wurde, so erzählt die Legende, verfing sich ihr Gewand in einem Strauch. Den abgeknickten Zweig stellte sie im Turm in eine Vase – und er fing an zu blühen.

Wer im ICE von der Thüringer Seite in den Finnetunnel hineinfährt, kann am Tunneleingang eine Barbara-Figur sehen. Auch wer durch den Rennsteigtunnel an der A71 oder den Jagdbergtunnel an der A4 reist, begegnet der heiligen Barbara. Im Erlebnisbergwerk Sondershausen, Hunderte Meter unter der Erde, begrüßt die Besucher eine lebensgroße Figur der Heiligen.

Was fasziniert die Menschen an Barbara so sehr, dass sie seit dem Mittelalter zu den "Vierzehn Nothelfern" gezählt wird und bis heute im Alltag präsent ist? Eine Antwort liegt wohl in dem Attribut, an dem sie auf Bildern zu erkennen ist: Der Turm. In einem Turm wurde der Legende nach Barbara eingeschlossen. Niemand durfte zu ihr hinein, sie selbst durfte nicht heraus. Beugen ließ sich Barbara dennoch nicht.

So ist sie zur Patronin für all jene geworden, die eingeschlossen sind: Für Bergleute, Tunnelbauer und Gefangene. Für jene, die vom Gefangensein im Tod betroffen sind: die Sterbenden und die Bestatter. Aber auch für solche, die sich selbst in Gefahr begeben, um andere vor Gefahren zu schützen: die Feuerwehrleute und das Technische Hilfswerk.

In diesen Wochen sollen die Menschen ihre Kontakte stark einschränken. Manche mögen sich dabei eingesperrt fühlen, gefangen wie Barbara im Turm. Die aufbrechenden Knospen in der Natur erinnern daran, dass diese Selbstbeschränkung kein sinnloses Wegsperren ist. Es besteht die berechtigte Hoffnung, die Gefahr, die über allen schwebt, in Grenzen zu halten. Wenn Sie in diesen Tagen mal unterwegs sind, werden Sie modernen Nothelfern begegnen: Das sind alle, die unter den derzeitigen Umständen weiterhin ihrer Arbeit nachgehen. Es gibt aber auch die speziellen Nothelfer: Nachbarn im Einkaufsdienst für Alte und Kranke zum Beispiel. Und alle, die andere per Telefon oder Brief oder Mail aufmuntern. Jeder kann Nothelfer sein.

Übrigens: Wer genau hinsieht, der erkennt auf dem Fensterbild, dass der Turm in Barbaras Arm gebrochen ist.