Weimar. Das Schauspiel „Love Letters“ von A. R. Gurney erlebt im Foyer I des DNT Weimar seine Premiere mit Elke Wieditz und Bernd Lange

Die samtroten hohen Vorhänge sind zugezogen. Davor zwei schlichte Tische, zwei Stühle. Nichts lenkt den Blick ab, die Aufmerksamkeit konzentriert sich auf zwei Personen: Auf Melissa (Elke Wieditz) und Andy (Bernd Lange) und auf ihre „Love Letters“, die sie einander 50 Jahre lang schrieben. Das gleichnamige Stück von A. R. Gurney erlebt am morgigen Donnerstag im Foyer I des DNT seine Premiere. „In der Reduzierung liegt der Reiz“, beschreibt Elke Wieditz die Herausforderung für die Schauspielerin, den Schauspieler. Keine Kulisse, sparsamste Requisiten, reduzierte Körperhaltung. Als Schauspieler sei man „auf den Text zurückgeworfen“, sagt Elke Wieditz.

Auch für Bernd Lange machen diese „einfachen Mittel“ den Reiz des Stückes aus. Beide sind sie quasi „Urgesteine“ der Weimarer Bühne und schöpfen aus einem reichen Erfahrungsschatz. Allein über die Sprache, die Stimme, Stimmlage und Modulation, den Subtext, sagt Elke Wieditz, mit Mimik und Gestik deuten sie den Text aus und ziehen so den Zuschauer in ihren Bann. Die szenische Einrichtung hat Chefdramaturgin Beate Seidel übernommen. Für Bühne und Kostüme zeichnet Andrea Wöllner verantwortlich.

Zwei Menschen schreiben einander Briefe, „Love Letters“. Mehrere Jahrzehnte lang. Nur in diesen Briefen sind sie einander wirklich verbunden. Denn die Realität treibt sie auseinander. Andy, ein Junge aus der Mittelklasse, folgt dem „American Way of Life“. Er macht Karriere, gründet eine Familie und lebt offiziell ein unbescholtenes Reihenhausleben, während Melissa, ein Mädchen aus reichem Haus, mit aller Macht versucht, aus ihrem Milieu auszubrechen und ihren Traum vom „anderen Leben“ zu verwirklichen – Scheitern inbegriffen. Die Briefe, die sie einander widmen, sind die Brücken, über die sie immer wieder – über alle Gräben hinweg – zueinander gelangen. „Love Letters“ beginnt in den ersten Schuljahren und endet erst mehr als 50 Jahre später mit dem Tod von Melissa. „Es ist auch ein Stück Zeitgeschichte“, sagt Elke Wieditz, die gern bekennt, selbst keine große Briefschreiberin zu sein.

Sie finde es faszinierend, wie man sich über Zustände beschreibt, sagt die Schauspielerin. Andy sei perfekt im Schreiben, sei „fast literarisch unterwegs“, Melissa drücke sich eher durch ihre Malerei aus. In Zeiten knapper Mitteilungen von E-Mail und Whatsapp, haftet Briefen heute etwas Romantisch- Nostalgisches an. Goethe und Schiller oder auch Heinrich VIII und sogar Johnny Cash haben wie viele andere auch mit ihren Liebesbriefen literarische Kostbarkeiten hinterlassen. Die Weltliteratur wäre ärmer ohne diese Briefe. „Ein Brief ist etwas ganz Besonderes“, sagt Bernd Lange. „Die Ausformulierung muss stimmen. Ein Brief ist wie ein Geschenk an den anderen. Der Absender schenkt sich dem Empfänger. Ein Brief hat ja viel mehr Arbeit gemacht als eine Whatsapp.“ Elke Wieditz hebt noch ein weiteres Plus des Briefeschreibens hervor: „Man nimmt sich mehr Zeit für den anderen, formuliert durchdachter, reflektiert“ und ist dem anderen dabei ganz nahe.

Für die Premiere am Donnerstag, 19. September, 20 Uhr, und die zweite Vorstellung am 24. September gibt es noch Restkarten, für die nächsten Termine am 9. und 22. Oktober sind noch Karten erhältlich, Beginn ist jeweils 20 Uhr. Weitere Termine in Planung.