Weimar. Yiddish Summer Weimar: Die kanadische Pianistin Marilyn Lerner fasziniert mit ihrem Solo-Konzert im Mon Ami

Schon die ersten Takte elektrisieren: Mit Marilyn Lerner sitzt eine Ausnahmepianistin am Bösendorfer-Flügel auf der Bühne des Mon Ami. Ihren Soloabend „Romanian Fantasy“ nach dem gleichnamigen Titel ihrer 2016 erschienenen CD im Rahmen des Yiddish Summer Weimar beginnt sie zurückhaltend und unprätentiös. Perlende Arpeggien, sie scheint den Klängen nachzulauschen. Entwickelt, gestaltet, verdichtet. Vor 18 Jahren war die kanadische Künstlerin zuletzt in Weimar, erinnert Alan Bern, künstlerischer Leiter des Yiddish Summer Weimar, zur Begrüßung der Zuhörer im gut gefüllten großen Saal des Mon Ami.

Er dankt den Förderern des Yiddish Summer Weimar, allen voran der Stadt Weimar, dem Land Thüringen und der Kulturstiftung des Bundes. Ohne sie wäre auch ein Auftritt wie jener von Marilyn Lerner nicht denkbar. Herzliche Dankesworte richtet Alan Bern auch an die vielen Helferinnen und Helfer des Yiddish Summer Weimar. Das Wiederhören mit der Pianistin, Komponistin und Arrangeurin beglückt. Sie entführt ihr Auditorium auf eine faszinierende Klangreise. Gestaltet freie Improvisationen auf osteuropäische jiddische Melodien. Kreativ, einfallsreich, erfinderisch. Trotz der Größe des Saales entsteht dank der raffinierten Beleuchtung ein fast intimes Konzerterlebnis.

Die Klangzauberin holt aus dem Flügel eine Klangvielfalt, ein so komplexes Ausdrucksspektrum, dass der Spannungsbogen über fast eineinhalb Stunden nie abreißt. Fast scheint es, als sei der Applaus nach den einzelnen Stücken für sie in ihrer intensiven Hinwendung an die Musik nur störend. Als schmälere er die Magie der Klänge, Töne und Musik. Die Intensität überträgt sich aufs Publikum. Gespannt, verzückt, entrückt wird der Pianistin zugehört. Dabei ist die Kulturstadt auch dank der 60. Weimarer Meisterkurse an der Hochschule für Musik Franz Liszt derzeit wahrlich nicht arm an exzellenten Pianisten

Lerners Klänge entwickeln einen Sog, der die Zuhörer erst mit dem Schlussakkord entlässt. Ausgebildet in klassischer Musik, verwebt die Pianistin in ihren rhythmisch klar strukturierten Klangstrukturen Klassisches mit Jazz und Klezmer. Lässt Grenzen zwischen Stilen schmelzen. Das Wiederhören machte Freude. Der Schlussapplaus ist entsprechend lang und herzlich. Beim Yiddish Summer Weimar geht es in dieser Woche mit einer Weltpremiere, dem Abschlusskonzert des Instrumentalworkshops für Fortgeschrittene und dem Start in die Festivalwoche weiteren Höhepunkten entgegen.