Weimar. Etliche Rollen Toilettenpapier sind vor das Gartenhaus von Goethe in Weimar geworfen worden. Kunstschüler aus Hessen wollten damit ein Zeichen setzen.

Eine Woche vor Goethes 270. Geburtstag hat eine Gruppe vermummter Kunstschüler aus Frankfurt am Main einen „Anschlag“ mit Klopapierrollen auf das Gartenhaus des Dichters im Schlosspark von Weimar verübt. „Wir sind mit 25 Paketen Klopapier von Frankfurt nach Weimar gefahren“, sagte ein Sprecher der Gruppe, die sich „Frankfurter Hauptschule“ nennt, unserer Zeitung. Am selben Abend ging es nach Hessen zurück.

Ziel der Aktion, die ausnahmsweise nicht mit einem Kunstlehrer, da dieser im Urlaub war, besprochen worden war, sei es gewesen, Goethe „als Lustgreis zu outen“. Besonders in seinem von Franz Schubert vertonten Gedicht „Heidenröslein“ habe Goethe eine „brutale Vergewaltigung“ verharmlost.

Der Sprecher der Klassik Stiftung Weimar, Franz Löbling, sagte: „Wir freuen uns, wenn sich jemand kreativ mit Goethe auseinandersetzt.“ Gestört habe die Stiftung vor allem, dass die herbeigereisten Kunstaktionisten die etwa hundert Klopapierrollen, die sie vors Gartenhaus warfen, nicht wieder weggeräumt hatten. „Aber wir hatten Glück, dass die Rollen gefunden wurden, kurz bevor der Regen einsetzte“, sagte Löbling. „Das Papier hätte sich sonst wunderbar aufgelöst und Rasen und Hecke verschmiert.“

Bekennervideo zur Aktion:

„Wieso wegräumen?“ wunderte sich der Sprecher, der sich auf Nachfrage als Kunststudent im siebten Semester beschrieb. „Was wäre das denn für ein Symbol gewesen?“ Man hätte, als Alternative zu Papier, auch erheblich zerstörerischer gegen das Gartenhaus agieren können. Dies sei durchaus in der Gruppe, die aus 20 Frauen und Männern besteht, ernsthaft diskutiert worden. Konkreter mochte der Sprecher nicht werden.

Der Polizei in Frankfurt am Main ist die Gruppe ein Begriff. Ermittlungsverfahren wurden jedoch stets eingestellt – weil Straftaten bisher vermieden wurden. 2018 ersteigerte die Gruppe ein Auto, das aussah wie ein Streifenwagen, fackelte es irgendwo ab und stellte die ausgebrannte Karre in der Innenstadt von Frankfurt ab. Später kam ein Lehrer, um das Kunstwerk abzuholen.

Goethes „Heidenröschen“, sagte Franz Löbling von der Klassik-Stiftung, sei ein Gedicht, bei dem die „Vergewaltigungsinterpretation“ durchaus möglich sei. „Aber ich halte es für die Pflicht der Lehrer, die offene Deutungsmöglichkeit zu vermitteln.“