Weimar. Für die Ausstellung der Gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft Weimar GWG „Was mir wirklich wichtig ist…“ haben Seniorinnen biografische Geschichten zu Kunst geknetet.

Die Stimmung ist ein bisschen heiter, ein wenig melancholisch zwischen den Sektgläsern und dem Eröffnungslied „Über sieben Brücken musst du geh’n“. Aber genau dazwischen liegen auch die Geschichten hinter den Exponaten der Ausstellung „Was mir wirklich wichtig ist…“ im Geschäftshaus der Gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft Weimar (GWG), die am Mittwoch eröffnet wurde.

Es geht um biografische Geschichten, schöne, traurige, vor allem aber wichtige Ereignisse im Leben der 15 Künstlerinnen des Seniorenkreises Süd-Club der GWG. Die Damen haben ihre Lebensereignisse aus Ton geformt. „Das Dicke Kind“ heißt eine Skulptur, „Das Keyboard“ eine andere.

„Das Keyboard“ hat Hannelore Groh geschaffen. Für die 83-Jährige steht das Instrument für Erinnerungen an ihre Kindheit und an ein Ereignis vor 23 Jahren. Schon als Kind haben sie und ihre zwei Geschwister Klavierspielen gelernt. Beeindruckt war Hannelore Groh von dem großen Flügel ihrer Mutter. Die Zeiten aber änderten sich, der Krieg kam, und der Flügel und die Klaviermusik gingen. Die Mutter musste das Instrument verkaufen. An diese Leidenschaft erinnerte sich Hannelore Groh, als sie in Rente ging. Ihr Mann und sie fuhren zum ersten Mal in den Westen. „Da sagte er, los, jetzt kaufen wir ein Klavier.“ Mit 60 Jahren ging sie dann zur Musikschule, musste auf dem Keyboard vorspielen und durfte bleiben. Sie nahm wieder Unterricht. Ihr Mann, der vor vier Jahren starb, unterstützte sie dabei und lauschte ihrer Musik, gab Ratschläge – obwohl er eigentlich ganz unmusikalisch war.

Die Idee zu dieser Ausstellung hatten Vincent Hammel und Axel Schmidt-Rossi. Für das Projekt hat Schmidt-Rossi, der als Grafikdesigner arbeitet, den Damen einen Klumpen Ton auf den Tisch gelegt. Dann sollte es losgehen mit den Einblicken in die Leben der Frauen. „Ich hab‘ gestaunt, dass das Eis so schnell gebrochen ist und eine große Offenheit entstand. Da waren die Damen sehr cool“, sagt Schmidt-Rossi. Die Lebensereignisse seien schließlich sehr persönlich. „Der Bruch zwischen den teils tragischen Erinnerungen und den sehr kindlichen Figuren, den finde ich faszinierend“, sagt er. Mit dem Kunstprojekt will er eine andere Seite der alten Menschen zeigen: „Es geht hier nicht um Pflegestufen oder das Alter, sondern darum die interessanten Biografien der Menschen sichtbar zu machen.“

Auf Birkenstämmen thronen die 15 Tonobjekte, neben dem Namen und dem Titel prangt eine Nummer. Wählt man diese im Audioguide, erklingen die Stimmen der Künstlerinnen und erzählen in einer Tonaufnahme die Geschichten hinter den Kunstwerken. Es sind nicht nur fröhliche Ereignisse. Sie erzählen auch von Kriegszeiten und Flucht. Und es ist bewegend, die Emotionen, die mit den Erinnerungen zusammenhängen, in den Stimmen der Künstlerinnen wiederzufinden.

Hannelore Groh ist zufrieden mit der entstandenen Ausstellung. Jedes der kleinen Wunderwerke, wie sie sie nennt, sei auf seine Art schön. Sie habe nichts gegen eine zweite Auflage der Ausstellung: „Ich hätte da schon noch eine andere Geschichte, die mir dafür einfällt“, sagt sie.

Ausstellung „Was mir wirklich wichtig ist...“, 11. bis 27. September, täglich von 9-11 und 14-18 Uhr geöffnet; GWG-Hauptgebäude, Ettersburger Str. 64, der Eintritt ist frei