Weimar. Auf eine Reise „Von der Moldau in die Neue Welt“ entführt die Staatskapelle Weimar ihr Publikum beim Open-Air-Konzert.

Ausnahmsweise stand am Samstagabend nicht das Bauhaus-Museum, sondern die benachbarte Weimarhalle im kulturellen Fokus. Mehr als 3.700 Musikfreunde strömten zur Staatskapelle Weimar in den Park, der sich idyllisch zu Füßen des 1999 neu erbauten Kongress- und Veranstaltungszentrums erstreckt. Mit dem stimmungsvollen Open-Air-Konzert „Von der Moldau in die Neue Welt“ gratulierte das Orchester von der Seebühne aus seiner Weimarhalle zum 20. „Geburtstag“, die schon Gastgeberin von beachtlichen 450 Staatskapellenkonzerten mit einer halben Million Zuhörerinnen und Zuhörern gewesen ist.

Während eine illustre Festgesellschaft sich im Seminargebäude Ziegenquark auf Hibiskusblüten-Biskuit schmecken ließ, kamen die Konzertgäste frühzeitig zum Einlass, um sich die besten Plätze am Weimarhallenteich zu sichern. Und so baumelten die Beine der Kinder im kühlen Nass und ein großflächiges Mosaik aus Picknickdecken und Papphockern rahmte die Seebühne, als Schauspieler Max Landgrebe auf den Laufsteg vor das farbenfroh gekleidete Orchester stürmte. Im Stile eines Boxkampf-Moderators brüllte er seine Ansagen ins Mikro – absichtsvoll so überzogen, dass er dabei gute Laune verbreitete.

So konnte der Kontrast zum folgenden Konzertauftakt mit Smetanas „Die Moldau“ nicht größer sein, ließ Gastdirigent Gregor Bühl hier doch schon anklingen, was er sich im bunt illuminierten Park an diesem festlichen Abend nehmen würde: viel Zeit. Von Bühls Seelenruhe und Leidenschaft profitierten die hübsch in den Flöten mäandernden Quellbächlein und die ruhig zum mächtigen Strome ausufernden Streicher. Eine regelrecht andächtige Atmosphäre erzeugte der Maestro auch in Dvoráks 9. Sinfonie „Aus der neuen Welt“, 1893 in den USA komponiert, deren liebliche böhmisch-amerikanisch inspirierten Melodien ohne jede Hektik oder Effekthascherei über den großen Teich schwebten.

Gestärkt von Bier, Brezeln und Bratwurst folgte das frohgemute Publikum der Staatskappelle dann vollends nach Übersee. Am Broadway gab es schmissigen Bigband-Swing aus Gershwins „Girl Crazy“-Musical, und der Wahl-Amerikaner Paul Hindemith amüsierte sich in einem wohltemperierten Ragtime über Bachs Fugenkunst. Ein Jahr vor Hindemith – 1945 – war übrigens auch Igor Strawinsky amerikanischer Staatsbürger geworden. In seiner wild-rhythmischen „Circus Polka“ konnte man sich die 50 Ballett tanzenden jungen Elefanten der Uraufführung in ihren rosa Tutus lebhaft vorstellen.

Für Aaron Coplands „Hoe-Down“ aus seinem Ballett „Rodeo“ nahm die Staatskapelle Nachhilfe bei ihrer irischen Solobratscherin Neasa Ni Bhriain in flottem Square-Dance-Gefiddel, bevor die Konzertnacht mit süffiger kalifornischer Filmmusik von Korngold und den leichtfüßigen Tänzen aus Bernsteins Musical „West Side Story“ endete. Als Zugabe erklangen noch einmal sinfonische Geburtstagsgrüße für die Weimarhalle, im Stile von Strauß, Gershwin und Elgar, bis schließlich ein fulminantes Feuerwerk alles überstrahlte.