Jena. Science City Jena verliert gegen Medi Bayreuth mit 89:96. Robertson erzielt 39 Punkte für die Gäste.

Trotzig hielt der Science-City-Fan ein Schild in die Höhe. „Ihr könnt nach Hause fahren!“, stand auf diesem geschrieben. Adressiert war diese markige Ansage an die zahlreichen Schlachtenbummler von Medi Bayreuth, die in puncto Feiern einen wahrlich langen Atem bewiesen und ihre Helden, die ihnen den Auswärtstermin zu später Stunde mit einem 96:89-Sieg versüßten, lautstark hofierten. Ja, sogar noch bei der Pressekonferenz konnte man die Freudengesänge der Fans nicht ausblenden, von denen ein großer Teil einen auf „Aloha from Hawaii“ machte, schließlich trugen nicht wenige Hawaiihemden und Blumenketten. Es schien ein Motto für die Partie gegeben zu haben.

Das Schild wiederum hatte der Anhänger der Jenaer Basketballer nicht akribisch in den eigenen vier Wänden für die Partie am Sonnabend von eben Science City Jena gegen Medi Bayreuth kreiert. Im Gegenteil, es lag auf jedem Platz in der Arena in Burgau, in die 2456 Zuschauer strömten. Die Rückseite zierte ein aktuelles Mannschaftsfoto, und man konnte besagte Pappe fein säuberlich falten, um damit Krach zu erzeugen, der wiederum die Heimmannschaft in akustischer Hinsicht unterstützen sollte.

Als nun der Pressesprecher von Science City Jena seinem Amt nachkam und Medi-Coach Raoul Korner aus dem bunten Treiben vor der Fantribüne geduldig in den Presseraum lotste, nutzte besagter Fan die Gunst der Stunde und richtete ein paar Worte an den Gästetrainer. Er gab Korner zu verstehen, dass sie nur gewonnen hätten, weil die Unparteiischen Bayreuth bevorzugt hätten. Da schwang reichlich Frust mit. Raoul Korner wiederum ließ sich nichts anmerken und verschwand im Presseraum, wo sich dann Björn Harmsen zu jener Thematik äußerte, die sonst nur ein Fußnoten-Dasein fristet. In den meisten Fällen werden Leistung und Auftreten der Unparteiischen nicht zum federführenden Inhalt des Basketball-Resümees. Harmsen kritisierte das arrogante Auftreten des 27-jährigen Schiedsrichters seinen erfahrenen Spielern gegenüber. „Das macht man einfach nicht. Da muss man sich dann auch nicht wundern, dass die Spieler und das Publikum so reagieren“, sagte der Trainer.

Im vierten Akt mangelte es nicht an Emotionen – naturgemäß auf dem Feld, aber auch auf den Tribünen, wo sich das Publikum nun endgültig auf das Schiedsrichter-Trio eingeschossen hatte. Kollektive Schieber-Rufe, Pfiffe und Drohgebärden sind ein essenzieller Bestandteil des Sports, doch in jenen Momenten da in der Arena kam alles einen Zacken deftiger daher als sonst. Als gut drei Minuten vor dem Ende Dru Joyce, der bis dahin einer der auffälligsten Spieler war und 18 Punkte erzielte, das Feld nach seinem fünften Foul verlassen musste, erklang ein Pfeifkonzert sondergleichen. Für viele der Fans war es wohl der Gipfel der Ungerechtigkeit. Zudem wurde immer wieder auf die Foul-Statistik verwiesen: Jena 27, Bayreuth 17.

Die letzten zehn Minuten der Begegnung wurden beim Stand von 71:77 eröffnet. In den Untiefen des dritten Aktes kippte indes die Partie zu Gunsten der Oberfranken, die sich nach einer zweifachen Egalisierung (58:58/60:60) sukzessiv absetzen konnten. Science City hatte bis dahin über weite Strecken die Führung inne, doch die Ostthüringer verpassten es, sich zwingend abzusetzen. Das höchste der Gefühle waren sechs Punkte (52:46 bzw. 54: 48) im zweiten Viertel. Nach zehn Minuten führten die Ostthüringer mit 23:22, nach 20 Minuten mit 47:45. Das Dargebotene war nicht in Gänze überragend, doch der Gastgeber präsentierte sich phasenweise äußerst energisch und entschlossen. Doch die Gäste saßen ihnen stets im Nacken oder übernahmen gar punktuell die Führung, die sie nach besagtem 60:60-Ausgleich für sich nun endgültig beanspruchten und nicht mehr aus der Hand geben sollten.

Eine gewaltige Aktie am Umbruch der Gäste in Sachen Führung hatte Kassius Robertson, der monumentale 39 Punkte erzielte und gefühlt nach Belieben traf. Er mutierte zum Albtraum der Science-City-Spieler und auch der Fans – gerade im finalen Viertel. Denn immer dann, wenn sich die Jenaer Anhänger noch ein wenig Hoffnung machen durften, der Rückstand irgendwo zwischen sieben oder acht Punkten lag, gab Kassius Robertson den Zerstörer. Nicht umsonst hatte Björn Harmsen im Vorfeld vor dem Protagonisten mit der Nummer 3 gewarnt.

70 Sekunden vor dem Abpfiff der Partie wischte Jenas Co-Trainer Stephan Frost seine kleine Taktiktafel ab und nahm wieder Platz. Es wirkte fast so, als ob er darum wusste, dass es für sein Team hier nichts mehr zu holen gab. Just in jenem Moment traf dann auch noch Robertson mit einem fulminanten Dreier-Wurf zum 96:89-Endstand.

„Unter den Umständen, in denen wir uns gerade befinden, hat die Mannschaft sehr, sehr gut gespielt. Körpersprache, Einsatz und Kampfgeist waren großartig“, resümierte Harmsen. „Das war keine schlechte Partie von uns, auch wenn nicht alles geklappt hat. Wir müssen dranbleiben, schließlich haben wir am Mittwoch in Ludwigsburg das nächste Spiel“, sagte Dru Joyce. Und ja, die vergangenen Wochen seien zweifelsohne hart gewesen – die vielen Spiele, die Verletzungen. „Doch so ist nun einmal das Leben. Das ist Basketball. Niemanden außer uns interessiert das“, sagte Joyce.