Oberhof. Seit sieben Jahren organisiert Kati Wilhelm ein Mini-Trainingslager für die besten Nachwuchsbiathleten in Oberhof. Diese freuen sich über die Tipps der Medaillensammlerin.

Kati Wilhelm blickt zum Schießstand. „Es ist ein bisschen schwierig. Der Wind“, sagt sie. Fast ist man geneigt, vom Oberhofer Wetter zu sprechen. Das Wetter also, das selbst die besten Biathleten der Welt fürchten, wenn sie beim Weltcup zu Jahresbeginn am Rennsteig weilen und die Scheiben treffen wollen.

Doch heute stehen nicht etwa Johannes Thingnes Boe oder Dorothea Wierer am Schießstand am Grenzadler, sondern die besten deutschen Biathleten im Teenageralter. Bei heißen Temperaturen kommt ihnen das Lüftchen im Stadion gerade recht. Und trotzdem wollen auch sie ihre Patronen ins Schwarze bringen.

19 Sportler haben sich hinter der Olympiasiegerin und Weltmeisterin mit den roten Haaren aufgereiht. Sie warten geduldig auf das Anschießen. Im Training an ihren Stützpunkten in Bayern, Hessen oder Sachsen sind noch nicht alle umgestiegen vom Luftgewehr auf das Kleinkaliber. Manche wundern sich also über das Gewicht des neuen Arbeitsgeräts und legen es nach den Probeschüssen fast ehrfürchtig zurück auf die Matte.

Genauso ehrfürchtig schauen sie Kati Wilhelm an. „Sie kennen mich nicht mehr aus meiner aktiven Zeit. Was ich in meiner Karriere erreicht habe, wurde ihnen, glaube ich, erst hier so richtig bewusst“, sagt die fleißige Medaillensammlerin aus Steinbach-Hallenberg.

Motivation für die kommende Saison

Der Wettkampf steht kurz bevor. Es ist der Abschluss des diesjährigen Kati-Camps, ein von Kati Wilhelm initiiertes und zu großen Teilen finanziertes Mini-Trainingslager in Oberhof. Aus ganz Deutschland sind zwölf Mädchen und sieben Jungs im Alter von 13 bis 15 Jahren angereist, um für drei Tage mit einer der erfolgreichsten Biathletinnen zu trainieren.

„Für sie ist es eine kleine Belohnung. Ihre Landesverbände schicken sie aufgrund ihrer Erfolge in der vergangenen Saison“, erklärt die Organisatorin.

Aus Thüringen sind Lina Ducke, Samuel Kraatz und Alina Nußbicker dabei, nominiert vom Thüringer Landestrainer Hartmut Gollhardt. „Es ist für uns alle eine große Ehre, dabei zu sein“, sagt Lina Ducke.

Alina Nußbicker versteht ihre Teilnahme als Motivation für die nächste Saison. Und Samuel Kraatz hat Großes vor. „Ich träume davon, Olympiasieger zu werden. Aber das ist noch ein langer Weg“, sagt er.

Auf genau diesem Weg, der im Idealfall bis in den Weltcup führt, will Kati Wilhelm den Nachwuchs begleiten – auch wenn drei Tage vergleichsweise wenig sind in Jahren voll mit Trainingsschweiß. „Das Kati-Camp ist ein Herzensprojekt. Ich möchte die jungen Talente bestmöglich unterstützen“, sagt sie. Dafür plaudert sie aus ihrer eigenen Karriere, über ihre Erfolge, aber auch über ihre Rückschläge. „Es ist sehr wichtig, in den eigenen Körper hinein zuhören. Das kann der Trainer nicht. Gleichzeitig muss man dem Trainer vertrauen“, sagt sie. Sie rät den Schülern, Verantwortung zu übernehmen: „Jeden Tag ein Ziel setzen. Und das auch vom Trainer einfordern.“

Trainingslager hat sich mittlerweile etabliert

Genau das will Lina Ducke nun umsetzen. „Sie hat uns viele Tipps mitgegeben. Ich habe viel gelernt“, sagt die 14-Jährige, die aus Brandenburg stammt. Seit einem Jahr besucht sie das Sportgymnasium in Oberhof.

Auf dem Weg in den Weltcup sind freilich noch viele Stationen zu meistern. Die Leistung muss stimmen, die Gesundheit mitspielen, das Interesse am Sport bleiben. Eine wichtige Hürde könnte eine Teilnahme bei der Juniorenweltmeisterschaft sein. „Einige Namen, die dort in den Ergebnislisten auftauchen, waren auch schon bei mir. Juliane Frühwirt, zum Beispiel“, sagt Kati Wilhelm.

Das Programm ihres Mini-Trainingslagers war prall gefüllt. Die jungen Sportler besuchten den Wachstruck des Deutschen Skiverbands, nahmen die Ski der besten Biathleten wortwörtlich unter die Lupe. Sie trainierten gemeinsam mit Wilhelm und zwei ehemaligen Weltklasse-Skilangläufern. Jens Filbrich zeigte sich für das Koordinations- und Stabilisationstraining verantwortlich, Manuela Henkel für das Training auf Ski und Schnee in der Ski-Halle. „Ich war beeindruckt. Sie sind schon relativ weit in der Lauftechnik und alle auf einem ähnlichen Niveau. Letztes Jahr waren die Unterschiede größer“, sagt Kati Wilhelm.

Mittlerweile hat sich ihr Trainingslager etabliert. „Es dauert ein bisschen, bis man anerkannt wird. Vielleicht gab es da auch ein paar Vorbehalte, aber jetzt sind wir akzeptiert“, sagt Kati Wilhelm.