Antholz. WM-Debütant Philipp Horn aus Oberhof freut sich in Antholz über Staffel-Bronze. Am Schießstand bewahrt er neben Superstar Fourcade die Nerven. Die Frauen holen Silber

Am Ende dieser aufregenden Weltmeisterschaft musste Philipp Horn erst einmal kräftig durchatmen. Fünf Wettkämpfe in neun Tagen hatten viel Kraft gekostet; physisch wie mental. Mehr als der 24. Platz im Massenstart am Sonntag war nicht drin, nachdem er sieben Strafrunden drehen musste.

„Das ärgert mich schon sehr, weil ich es eigentlich besser kann“, meinte der Oberhofer. Dennoch reist er mit einem „positiven Gefühl“ nach Hause. „Ich habe gemerkt, dass ich läuferisch mit den Besten mithalten kann und auch im Schießen dabei bin, wenn alles zusammenpasst“. Zudem steckt im Gepäck seine erste „große“ Medaille. Mit der deutschen Staffel hatte er am Samstag hinter Frankreich und Norwegen Bronze gewonnen. Ein Moment, den er wohl nie vergessen wird.

„Unglaublich, davon habe ich schon als Kind geträumt“, sagte er nach dem Rennen und sprach von einer „sehr emotionalen Begegnung“ mit seinen Eltern. Sie hatten ihn einst als Vierjährigen beim Skiverein im heimatlichen Frankenhain angemeldet, wo er seiner älteren Schwester Jennifer nacheiferte.

In Antholz waren Mutter und Vater kurzerhand am Freitagabend angekommen; und ihr glücklicher Sohn meinte verschmitzt: „Ich denke, es hat sich auch für sie gelohnt.“

Bis zum letzten Schießen hatte das Männer-Quartett sogar an Gold geschnuppert. Dann flatterten jedoch Benedikt Doll die Nerven; er musste erst den Franzosen Quentin Fillon Maillet ziehen lassen und anschließend in den Strafgarten abbiegen. Auf der Schlussrunde passierte ihn dann noch Johannes Thingnes Bö aus Norwegen. „Es tut mir so leid für die Jungs. Sie haben es überragend gemacht“, sagte der Schlussläufer sichtlich geknickt.

Horrorszenario für Philipp Horn: Mit Fourcade allein am Schießstand

Tatsächlich lieferten Erik Lesser, Horn und Arnd Peiffer eine nahezu perfekte Darbietung. Vor allem der Youngster verdiente sich ein Lob: „Hat er gut gemacht“, meinte Peiffer und verwies auf Horns bestandene Reifeprüfung im Duell mit Superstar Martin Fourcade. Der Thüringer hielt auf dem zweiten Teilstück nicht nur läuferisch mit dem Franzosen mit, sondern behielt auch beim Zweikampf am Schießstand die Nerven. „Mit ihm allein dort zu stehen, war mein Horrorszenario“, gestand Horn hinterher und erzählte von einer „schlaflosen Nacht, in der mir durch den Kopf ging, was alles passieren könnte“.

Bei seinem Weltcup-Einstand im Dezember 2018 in Pokljuka hatte er noch Lehrgeld bezahlt. Da ließ er sich im Mixedstaffel-Rennen mit Fourcade auf Taktik-Spielchen ein. Der ausgebuffte Altmeister nahm mal das Tempo raus, ließ Horn vorbei, um plötzlich wieder zu attackieren: „Dadurch ging mein Rennen völlig in die Hose“, erinnerte sich der 25-Jährige. Diesmal war er gewappnet und bot Fourcade Paroli: „Ich bin echt stolz, dass ich bei mir geblieben bin.“ Auf seiner Schlussrunde zog Horn sogar vorbei und entschied das Privatduell für sich.

Die abendliche Siegerehrung genoss er dann in vollen Zügen. Gemeinsam mit der deutschen Frauen-Staffel ließ sich das Männer-Quartett von den begeisterten Zuschauern feiern. Vanessa Hinz, Franziska Preuß und Denise Herrmann hatten eine furiose Aufholjagd hingelegt, nachdem Karolin Horchler auf Platz 19 eingekommen war. Am Ende sprang noch Silber hinter Norwegen und vor der Ukraine heraus.

Thingnes Bö stürmt zu seinem dritten WM-Sieg

„Franzis Leistung war der Matchwinner“, lobte Herrmann die Bayerin, die im Stehendanschlag mit einer Schnellfeuereinlage begeisterte und als Vierte wechselte. Auf der letzten Runde spielte dann die Sächsin ihre läuferische Überlegenheit aus. Sie zog an Tschechien und der Ukraine vorbei.

In den abschließenden Massenstarts am Sonntag jubelten die Norweger. Erst krönte sich Marte Olsbu Roeiseland zur „Königin von Antholz“; mit ihrem fünften Titel schrieb sie Geschichte. Noch nie war ein Biathlet bei einer WM siebenmal angetreten und hatte stets eine Medaille geholt (fünf Gold, zwei Bronze). Ihr stand Johannes Thingnes Bö nur wenig nach. Er stürmte zu seinem dritten WM-Sieg und schürfte zudem dreimal Silber.

Polizei-Razzia bei Ex-Dopingsünder Loginow

Olympiasieger Arnd Peiffer hat nur eine Hoffnung: „Ich hoffe sehr, dass da nicht wieder etwas ist“, sagte er nach der Polizei-Razzia im russischen WM-Quartier „Bad Salomonsbrunn“ am Samstagmorgen. Die Durchsuchung im Auftrag der Staatsanwaltschaft Bozen galt vor allem Alexander Loginow und dessen persönlichem Trainer Alexander Kasperowitsch. Bei der Durchsuchung beschlagnahmten die „Carabinieri“ Computer, Handy und den Autoschlüssel des Sprint-Weltmeisters. Dieser war 2014 des EPO-Missbrauches überführt und für zwei Jahre gesperrt worden.

Kritik gab es am Zeitpunkt der Aktion - nicht nur im russischen Lager. „Da ist schon hart für die Burschen; morgens um sechs am Staffeltag“, sagte Peiffer. Und Erik Lesser empfand sogar etwas Mitleid: „Das hätte man auch am Ruhetag durchziehen können.“

Das könnte Sie auch interessieren: