Berlin. Union Berlin legt einen klassischen Fehlstart in die Bundesliga hin. Wie erwartet dreht sich viel um das Debüt von Max Kruse. Dem früheren Nationalspieler fehlt aber noch die Kraft, um den Unterschied auszumachen. Alarmierend sind Fehler im Kerngeschäft der Eisernen.

Max Kruse kann keine Wunder vollbringen. Das hatte Urs Fischer schon geahnt.

Nach dem Bundesliga-Fehlstart inklusive 20-Minuten-Einsatz des prominenten Top-Zugangs gegen den FC Augsburg ist der 1. FC Union Berlin gleich wieder in seiner Paraderolle angekommen - dem sportlichen Überlebenskampf gegen alle Widrigkeiten. Für den mit Hoffnungen bei den Eisernen förmlich überladenen Kruse heißt das, nach seiner Knöchelverletzung schnellstmöglich fit zu werden für mehr als ein paar offensive Impulse in der Schlussphase wie beim 1:3 zum Saisonauftakt am Samstag.

"Wenn Max für 20 Minuten spielfähig ist, ist es logisch, dass wir ihn ins Aufgebot nehmen. Wir haben Max Kruse dafür verpflichtet, dass er auf dem Platz steht", verteidigte Fischer den ersten Kurzeinsatz seines neuen Führungsspielers. Nach dem Bundesliga-Comeback nach 504 Tagen machte Kruse einen Mitschuldigen für seine Malaise weit weg von Berlin-Köpenick aus. Ohne sie beim Namen zu nennen, schob er die Mediziner seines Ex-Clubs Fenerbahce Istanbul in die Buhmann-Rolle.

"Stand heute bin ich auf einem guten Weg, ich habe keine Schmerzen mehr. Ich versuche, so schnell wie möglich der Mannschaft helfen zu können. Die Diagnose war am Anfang sechs Wochen – wenn es dann sechs Monate dauert, kann die Diagnose nicht ganz richtig gewesen sein", sagte Kruse bei Sky. Er wolle "niemanden anscheißen", führte der 32-Jährige an, werde sich aber noch detaillierter äußern.

Die Causa Kruse gegen Fenerbahce ist beim Fußball-Weltverband FIFA anhängig. Es geht um gegenseitige Millionenforderungen nach der schmutzigen Trennung im März. Union muss daran gelegen sein, dass der ehemalige Nationalspieler den Rechtsstreit gewinnt. Denn dass der frühere Bremer ein Pluspunkt im Kampf um den Klassenerhalt werden kann, das deutete Kruse bei seinem Debüt durchaus an.

"Es sah wirklich so aus, als ob nochmal ein Ruck durch die Mannschaft geht", beschrieb Trainer Fischer die Szenen nach Kruses Einwechslung. Auch die rund 4500 Zuschauer zeigten nach der Corona-Zwangspause nun wieder, dass sie ein Faktor sind. Es folgte der schnelle Ausgleich durch Marius Bülter (75.) - aber eben auch der späte Augsburger Doppelschlag durch Michael Gregoritsch (82.) und André Hahn (89.).

Die Gegentore machten wie schon Augsburgs erster Treffer durch Ruben Vargas (41.) Fischer mehr zu schaffen, als das auf 20 bis 25 Minuten reduzierte Fitness-Limit von Kruse. In ihrer Kernkompetenz, der kollektiv bedingungslosen Verteidigung, zeigten die Eisernen bedenkliche Schwächen. "Heute waren wir wirklich dreimal nachlässig und das gilt es anzusprechen und zu verbessern", sagte Fischer.

Auch am Sonntag hatte sich sein Unmut ob der Defensivleistung nicht gelegt. "Wir sind keine Roboter keine Maschinen. Spieler entscheiden sich, das ist so im Fußball. Wenn du dreimal dich falsch entscheidest, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass du das Spiel verlierst", sagte Fischer. Zu allem Unglück droht Stabilisator Christian Gentner länger auszufallen. Eine Diagnose über die Schwere der Wadenverletzung werde es erst am Montag geben.

Immerhin offensiv legte Union nach. Taiwo Awoniyi wird vom FC Liverpool ausgeliehen und soll die Personallücke im Sturmzentrum schließen. "Er ist ein robuster, schneller auch technisch gut ausgebildeter Stürmer, der weiß, seinen Körper und seine Geschwindigkeit einzusetzen", sagte der Union-Coach. Bis Donnerstag habe Awoniyi, der in der Vorsaison für Mainz 05 spielte, in England trainiert und stehe "im Saft".

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