Rom. Normalerweise weckt der Start in die Champions League Vorfreude auf magische Fußball-Nächte. Doch die anhaltende Corona-Pandemie mindert bei Profis und Fans die Vorfreude. Ein Sieg des BVB beim vermeintlich stärksten Gegner Lazio Rom könnte die Lust auf Europa beleben.

Am Dortmunder Flughafen herrschte gespenstische Leere. Beim Abflug zum ersten Gruppenspiel gegen Lazio Rom am Dienstag (21.00 Uhr/Sky) waren die BVB-Profis fast unter sich.

Das belebende Gefühl, dass mit dem Start in die Champions League die europäischen Festtage beginnen, wollte sich angesichts der trostlosen Atmosphäre in der großen Check-in-Halle partout nicht einstellen. Für Sportdirektor Michael Zorc war das ein Grund mehr, gute Laune zu verbreiten und dem drohenden Corona-Blues vorzubeugen: "An diese Situation sind wir doch alle nun schon seit einem halben Jahr gewöhnt. Wir freuen uns auf dieses Spiel."

Angesichts steigender Infektionszahlen in ganz Europa sind die Sorgen vor einer Ansteckung der Fußball-Profis und einer Gefährdung des Spielbetriebs wieder größer geworden. BVB-Trainer Lucien Favre hatte sein Unbehagen schon in den Tagen zuvor zum Ausdruck gebracht: "Es werden mehr Fälle kommen, es ist nicht gut zu reisen. Ich denke, wir müssen aufpassen."

Doch der durch die Corona-Pandemie verdichtete internationale Wettkampfkalender trägt derzeit nicht zur Minimierung des Risikos bei. Profis wie Axel Witsel und Thomas Meunier, die zuvor zum Kader der belgischen Nationalmannschaft für Spiele in Brüssel, London und Reykjavik gehört hatten, bereisen ihre vierte europäische Stadt binnen 13 Tagen.

Die hohe Taktzahl verlangt den Profis auch körperlich Grenzwertiges ab. Ähnlich wie Zorc riet auch Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke den Spielern zu einer positiven Sicht der Dinge: "Vieles, was als Müdigkeit abgespeichert wird, spielt sich im Kopf ab. Das darfst du einfach nicht zulassen. Wenn du dir einredest, ich muss ja kaputt sein, wirst du dich dagegen noch weniger wehren können."

Nicht nur die Dauerbelastung ihrer Nationalspieler, sondern auch die Personalnot in der Abwehr macht der Borussia derzeit zu schaffen. Schließlich steht in Rom mit Mats Hummels nur ein Innenverteidiger zur Verfügung. Weil Manuel Akanji (Corona), Dan-Axel Zagadou (Knie), Nico Schulz (Muskelfaserriss) und Emre Can (Rotsperre) fehlen, muss Favre improvisieren.

Zudem droht auch noch der Ausfall von Außenverteidiger Lukasz Piszczek, der sich beim 1:0 am Samstag in Hoffenheim eine Augenverletzung zugezogen hatte. Über seinen Einsatz soll kurzfristig entschieden werden. "Es geht ihm deutlich besser. Es wäre großartig, wenn er spielen könnte. Das würde unsere Probleme ein wenig lindern", sagte Sebastian Kehl nach der Landung in Rom.

Der Lizenzspielerchef wollte das Personalproblem in der Defensive nicht überbewerten. "Wir haben berechtigte Hoffnungen, in dieser Gruppe weiterzukommen. Damit müssen wir in Rom anfangen", sagte der ehemalige BVB-Profi voller Hoffnung auf einen erfolgreichen Auftritt des Bundesliga-Dritten vor 1000 zugelassenen Zuschauern im Stadio Olimpico. Auch Trainer Lucien Favre verzichtete auf Klagen über die Personalnot: "Wir werden eine gute Lösung finden."

Nach Einschätzung von Mats Hummels wird viel davon abhängen, wie die neuformierte Abwehr den ehemaligen Dortmunder Ciro Immobile in den Griff bekommt. Denn anders als in seiner eher unglücklichen Zeit beim BVB in der Saison 2014/15 gehört der 30 Jahre alte Mittelstürmer in Rom zu den Leistungsträgern und wurde im Sommer mit 36 Toren zum dritten Mal nach 2014 und 2018 Torschützenkönig der Serie A. "Für uns ist es relevant, dass wir ihm nicht allzu viele Chancen geben, weil er seit ein paar Jahren vor dem Tor eiskalt unterwegs ist", warnte der BVB-Kapitän.

Möglicherweise trug das Fehlen von Immobile dazu bei, dass die ohnehin nur mäßig in die Saison gestarteten Römer ihre Generalprobe beim 0:3 am Samstag in Genua gründlich verpatzten. "So unmotiviert habe ich mein Team noch nie gesehen", klagte Trainer Simone Inzaghi, "gegen den BVB will ich eine leidenschaftliche Reaktion sehen."

Doch auch die jüngste internationale Bilanz der Römer, die sich erstmals seit 13 Jahren wieder für die Königsklasse qualifizierten, ist nicht gerade furchteinflößend. In den letzten elf Champions-League-Duellen gelang nur ein Sieg. Dass er gegen Bremen und damit gegen einen deutschen Club gelang, werten die Italiener als gutes Omen.

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

Lazio Rom: Strakosha - Patric, Acerbi, Hoedt - Parolo, Milinkovic-Savic, Fares - Lucas Leiva, Luis Alberto - Immobile, Correa

Borussia Dortmund: Bürki - Piszczek, Hummels, Delaney - Meunier, Bellingham, Witsel, Guerreiro - Reus - Sancho, Haaland

Schiedsrichter: Turpin (Frankreich)

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