Dirk Pille über Radfahrer André Greipel.

Am Cormet de Roselend in fast 2000 Metern Höhe war es genug. André Greipel hat die Tour de France doch noch aufgegeben – drei Tage vor Paris. Keine Schande. Mit fast vierzig Jahren darf der „Gorilla“ stolz Abschied nehmen.

Seine zehnte Frankreich-Rundfahrt wird seine letzte gewesen sein. Der Sprinter dürfte beim ambitionierten Team Israel Start-Up Nation, das Chris Froome verpflichten wird, keine neue Chance erhalten. Bei der diesjährigen Tour kam der fleißige gebürtige Rostocker nur noch einmal als Sechster auf der Ile du Ré im Spitzenfeld ein.

Greipel gehört zu den großen deutschen Namen beim bedeutendsten Radrennen der Welt. Mit elf Etappensiegen liegt er hinter Marcel Kittel (14) und Erik Zabel (12) auf Rang drei der ewigen nationalen Bestenliste – vor Rudi Altig (8), Jan Ulrich (7), Didi Thurau (6), Tony Martin (5) und Olaf Ludwig (3). Auch beim Giro und der Vuelta gelangen Greipel Etappenerfolge. Drei Mal wurde er deutscher Meister, fuhr 156 Profisiege ein. Einzig der Gewinn des Grünen Trikots für den besten Sprinter bei der Tour blieb ihm verwehrt.

Welche Härte dieser Mann besitzt, der seine Karriere vor knapp zwanzig Jahren beim Teag Team Köstritzer in Thüringen begann, zeigte er in diesem Jahr. Im Februar war Greipel beim Training bei Köln auf nasser Straße schwer gestürzt und hatte sich dabei die Schulter gebrochen. Drei Monate später fuhr er wieder Rennen.

Greipel ist ein Vorbild. Ein sauberer Typ mit Charakter. Gierig nach Siegen, doch immer fair im Endspurt. Mit seinen 38 Jahren wird er die jungen Wilden wohl kaum noch einmal überraschen können. Doch bevor der Silberrücken 2022 endgültig in Rente geht, werden sie seine Erfahrungen aufsaugen. Bis zum letzten Spurt.