Eisenach. Der Eisenacher Manfred Lindig hat sich einen Traum erfüllt und an der traditionsreichen Oldtimer-Rallye nach Monte Carlo teilgenommen. Die Tour soll kein einmaliges Abenteuer bleiben.

Ein großer Autofan ist Manfred Lindig sein Leben lang. Im Alter kam die Leidenschaft für Oldtimer dazu. Schon zu DDR-Zeiten bekam er Gänsehaut, wenn seine Rallyefreunde aus der Werksmannschaft beim ADMV-Stammtischtreffen von der legendären Rallye Monte Carlo erzählten. „Davon haben wir in Eisenach alle geträumt“, erinnert er sich. Umso größer war nun die Freude, als er einen der begehrten Startplätze für die 22. AvD-Histo-Monte erhielt. „Die Zusage kam etwas überraschend. Immerhin gibt es rund 140 Bewerber. Die Teilnehmerzahl ist auf 90 limitiert“, sagt er.

Zudem sei es für den 75-Jährigen seine erste richtige Rallye gewesen. „Freunde und Bekannte hielten mich für verrückt, diese anspruchsvolle Tour ohne Erfahrung angehen zu wollen“, lacht er. Außerhalb des Profisports sei die Histo Monte als Oldtimer-Rallye in Europa einzigartig. Doch die Chance, einmal selbst auf den Spuren der prestigeträchtigen Rallye Monte Carlo zu fahren, wollte sich der Eisenacher nicht entgehen lassen. Noch heute schwärmt er von der Ankunft unter dem klassischen Zielbogen am Yachthafen von Monaco.

Bis dahin war es allerdings ein aufregender und langer Weg. Bereits in der Vorbereitung bedurfte es einer ersten Entbehrung. „Für die Rallye habe ich mir einen Mercedes 450 SEC 5.0 Rallye-Coupé (Baujahr 1980) angeschafft. Dafür musste ich mich zunächst von einem anderen Wagen trennen“, verrät er. Zwei Monate blieben ihm dann Zeit, den Originalwagen der damaligen Europameisterschaft für die fünftägige Wintertour mit Stationen in Frankreich, der Schweiz und Italien entsprechend umzubauen. Das eigentliche Abenteuer startete schließlich am 12. Februar auf dem Marktplatz von Rothenburg ob der Tauber. Punkt 17 Uhr fiel die Startflagge für den 100 Kilometer langen Prolog, der als Warm-Up für die Teilnehmer dient und nicht zur Gesamtwertung zählt. In einer großen Schleife ging es in den fränkischen Weinbergen um die Stadt. Die erste Wertungsetappe begann am Folgetag um 7.30 Uhr. Im Minutentakt begaben sich die insgesamt 89 Fahrzeuge auf den 460 Kilometer langen Tagestrip nach Freiburg. Gefahren wurde jeweils in Zweierteams. Manfred Lindig absolvierte die Tour mit seiner Frau Barbara.

Barbara und Manfred Lindig stoßen nach fünf harten Renntagen unter dem Zielbogen in Monte Carlo auf ihre erfolgreich absolvierte Rallye an. Foto: Daniel Klein
Barbara und Manfred Lindig stoßen nach fünf harten Renntagen unter dem Zielbogen in Monte Carlo auf ihre erfolgreich absolvierte Rallye an. Foto: Daniel Klein © zgt

„Schon für mich als Fahrer war die Rallye eine große Belastung. Und das, obwohl ich leidenschaftlich gern Auto fahre und regelmäßig Sport mache“, beginnt der Kfz-Meister zu erzählen. „Um einiges anstrengender war die Tour allerdings für meine Frau.“ Als Co-Pilotin sei sie für die Streckenführung verantwortlich gewesen. „Sie saß zum Teil bis ein Uhr nachts über dem Roadbook und hat jede Kurve, Ampel und Kreuzung markiert“, weiß er ihre Leistung zu schätzen. Als eine Art täglicher Wegweiser enthält das Roadbook neben dem Zeitplan auch alle Streckendetails sowie Angaben zu Durchfahrtskontrollen und Wertungsprüfungen.

„Die zu fahrende Route ist detailgenau vorgegeben. Für jede Abweichung gibt es Strafpunkte“, verrät Lindig. Zudem gäbe es neben den bekannten Durchfahrts-, Zeit- und Wertungsprüfungen auch geheime Kontrollen. „Über GPS wird die Fahrt eines jeden Fahrzeuges komplett aufgezeichnet. Es fällt also sofort auf, wenn man von der Strecke abweicht und auf einer anderen Straße fährt“, berichtet der Thüringer. „Zu Beginn hatten wir das gar nicht so im Fokus. Aber wenn man sich einmal verfahren hat, gibt es ein großes Durcheinander“, lacht er. Denn „es gibt ja kein Navi. Und wenn du dich verfahren hast, hilft dir auch das Roadbook nicht weiter. Erst mit der Zeit haben wir uns da langsam reingefuchst.“

Eine ähnlich große Herausforderung wie die exakte Einhaltung der Streckenführung seien die Gleichmäßigkeitsprüfungen gewesen. „Hierbei gilt es zum Beispiel über zehn Kilometer konstant eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 55 km/h zu fahren, bergauf wie bergab. Das mag zunächst einfach klingen. Problematisch wird das dann, wenn es durch den Straßenverkehr geht, dir auf einer engen Serpentine ein Schneeflug entgegen kommt oder du auf einer Landstraße mit widrigsten Bedingungen fährst“, berichtet Lindig.

Zugleich seien diese Art Prüfungen der größte Unterschied zum Original. „Bei der Rallye Monte Carlo gibt es vor allem Prüfungen auf Hochgeschwindigkeitsstrecken. Solche Sprintwertungen gibt es auf der Oldtimer-Rallye nicht.“

Zu einem der Höhepunkte zählt Manfred Lindig die Fahrt über den 1607 Meter hohen „Col de Turini“ am Schlusstag. Seine engen Serpentinen gehören im Profisport als Teil der Rallye Monte Carlo zu den bekanntesten Wertungsprüfungen der gesamten Weltmeisterschaft. „Obwohl ich es schon oft in Fernsehbildern gesehen und in Büchern davon gelesen habe, ist es ein unbeschreibliches Gefühl, diese Route einmal selbst erleben zu dürfen“, schwärmt Manfred Lindig noch immer von der beeindruckenden Bergkulisse.

Augenblicke wie diese seien zugleich alle Strapazen wert gewesen. „Wir haben täglich bis zu 530 Kilometer absolviert – über verschneite Landstraßen, durch die Dunkelheit und auf schmalen Passstraßen durch die französischen Seealpen“, blickt der Oldtimerfan zurück. An Vergnügung am Abend war nach solch Kräfte zerrenden Tagen nicht mehr zu denken: „Nachdem bereits um 5.30 Uhr der Wecker geklingelt hat, war ich froh, wenn wir nach einem Renntag am Abend im Hotel angekommen sind und habe sofort geschlafen.“

Etwas länger ging nur der im französischen Cannes veranstaltete Abschlussabend nach der Zieleinfahrt am Yachthafen von Monaco. Denn beeindruckt waren Manfred und Barbara Lindig bei der großen Gala nicht nur von dem Ambiente, sondern auch von ihrer Tischgesellschaft: „Wir saßen zufällig mit Urban Priol an einem Tisch – wirklich ein toller Typ!“ Der Kabarettist war mit seinem Auftritt sowohl Teil des Abendprogramms, als auch selbst wiederholt Teilnehmer der Winterrallye Histo Monte.

Und auch für Manfred Lindig soll die Oldtimer-Tour kein einmaliges Abenteuer gewesen sein. Mit der Erkenntnis, das erlebt zu haben, sei sein Ehrgeiz geweckt. „Das war definitiv nicht meine letzte Rallye!“, sagt er entschlossen, „jetzt weiß ich ja, was auf mich zukommt.“ Spätestens bei der nächsten Histo Monte in zwei Jahren möchte er wieder an der Startlinie stehen – am liebsten mit seiner Frau als Co-Pilotin. Denn obwohl diese schon angekündigt habe, so etwas nie wieder machen zu wollen, könne sich Manfred Lindig keinen besseren Partner wünschen: „In einer Wettkampfsituation den ganzen Tag nebeneinander im Auto zu sitzen, kann das Verhältnis stark belasten. Das hat so manche Teilnehmer an ihre Grenzen gebracht“, erzählt der Thüringer. Bei den Lindigs hingegen habe die Nähe auf engstem Raum gut harmoniert: „Wir sitzen seit 30 Jahren zusammen in einem Büro. Wir sind ein eingespieltes Team.“

Die Histo-Monte

  • Die AvD-Histo-Monte ist eine internationale Oldtimerfahrt des Automobilclubs von Deutschland (AvD).
  • Die 22. Auflage 2019 führte die 90 Teilnehmer in fünf Etappen von Rotenburg ob der Tauber bis nach Monte Carlo. Passiert wurden auf der etwa 1 860 Kilometer langen Strecke auch die Schweiz, Frankreich und Italien.
  • Infos: www.avd-histo-monte.com