Berlin. In der Schweiz hat ein Kellner dank Umsatzlohn satte 17.000 Euro in nur einem Monat verdient. So funktioniert das Beteiligungsmodell.

Als Kellner 17.000 Euro in nur einem Monat verdienen? In Deutschland schwer vorstellbar. Die Wirtschaftswoche berichtete jüngst von einem Mann in der Schweiz, dem genau das gelungen ist. Möglich war dies durch einen sogenannten Umsatzlohn. Dabei bemisst sich der Lohn nach dem vom Arbeitnehmer erzielten Umsatz.

Mitarbeiterbeteiligung als Lösung gegen den Fachkräftemangel?

Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) fehlten 2022 mehr als 630.000 Fachkräfte, die Suche und Bindung von qualifizierten Mitarbeitenden stelle den Großteil der deutschen Unternehmen vor große Herausforderungen.

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Um die vorhandenen Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt vom eigenen Unternehmen zu überzeugen, müssten Arbeitgeber kreativ werden, erklärt Paula Wernecke, Chief Human Resources Officer der internationalen Wirtschaftskanzlei CMS in Köln in einem Blogbeitrag: Sie müssten sich von der Konkurrenz abheben, um Talente und erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für sich zu gewinnen und langfristig an das Unternehmen zu binden. Ein Pluspunkt könne laut Wernecke eine Mitarbeiterbeteiligung darstellen. Darunter verstehe man eine materielle Beteiligung der Mitarbeitenden am Unternehmenserfolg und dem Wachstum der Firma, erklärt die Expertin.

Mitarbeiterbeteiligung als Anreiz für Arbeitnehmer

Mitarbeiterbeteiligungsprogramme als Anreize seien international inzwischen Standard: „Es ist eine Möglichkeit, um sich als Arbeitgeber dauerhaft attraktiv zu machen und die Mitarbeiterbindung zu stärken. Für Start-Ups, aber auch für etablierte Unternehmen", erklärt Wernecke die Vorteile des Ansatzes.

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Bereits die Große Koalition hatte ein Mitarbeiterbeteiligungsgesetz auf den Weg gebracht, um mehr Arbeitgeber für eine Beteiligung zu gewinnen. Auch die Ampel-Koalition hat im aktuellen Koalitionsvertrag geplant, die Mitarbeiterkapitalbeteiligung für Start-Ups attraktiver zu gestalten. Aktuell befindet sich Deutschland in diesem Prozess allerdings laut einer Studie des Venture Capital Fonds Index Ventures im Vergleich mit 24 weiteren Ländern gemeinsam mit Belgien auf dem letzten Platz. Untersucht und bewertet wurden die Voraussetzungen der Mitarbeiterbeteiligungen in den verschiedenen Ländern.

Was versteht man unter Mitarbeiterbeteiligung?

Grundsätzlich wird zwischen einer virtuellen und einer tatsächlichen Mitarbeiterbeiligung unterschieden. Mit einer virtuellen Beteiligung sei eine Erfolgsbeteiligung gemeint, erklärt Sven Neumann, Transformationsexperte der Startify GmbH im Gespräch mit der Agentur für Arbeit. „Bei Start-ups kommt dies oft beim sogenannten built-to-sell-Modell vor, bei dem die Beschäftigten am Erlös des Exits, also dem Verkauf des Unternehmens, beteiligt werden. Im Mittelstand kann alternativ auf ein Incentivierungssystem gesetzt werden, bei dem ergänzend zum festen Gehalt Boni gezahlt werden: Somit partizipieren auch die Mitarbeitenden am Unternehmenserfolg.“

Win-Win-Situation? In der Schweiz hat ein Kellner dank Umsatzlohn 17.000 Euro in nur einem Monat verdient.
Win-Win-Situation? In der Schweiz hat ein Kellner dank Umsatzlohn 17.000 Euro in nur einem Monat verdient. © imago/blickwinkel

Tatsächliche Beteiligungen hingegen seien Kapitalbeteiligungen der Mitarbeitenden am Unternehmen. „Beschäftigte halten dann beispielsweise Geschäftsanteile am Unternehmen selbst oder an einem neu gegründeten Spin-off", führt Neumann aus.

Mitarbeiterbeteiligung als Anreiz für Arbeitnehmer

„Der Hintergedanke der Beteiligung ist es, eine gesteigerte Mitarbeiterzufriedenheit und Motivation oder einen Anreiz zum Verbleib im Unternehmen zu erzeugen. Ein Beteiligungsprogramm soll sowohl auf Arbeitgeberseite als auch auf Arbeitnehmerseite Vorteile schaffen", erklärt Wernecke.

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Kritiker sehen bei der Mitarbeiterbeteiligung jedoch ein zu hohes Risiko bei den Mitarbeitenden: „Die Umsatzlöhne sind nicht planbar und bringen die Beschäftigten in die Situation, dass sie verantwortlich für den Ablauf im Betrieb sind“, kommentiert Mark Baumeister, Referatsleiter für Gastgewerbe der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in der Wirtschaftswoche.

Für den Schweizer Gastronom Péclard und seinen Partner sei der Erfolg des Kellners eine Win-Win-Situation. Seit Einführung des neuen Modells sei der Umsatz um 30 Prozent gewachsen, was vor allem an engagierten Mitarbeitenden liege. „Das ist jetzt nicht mehr nur unsere Firma, sondern auch die der Mitarbeiter“, freut sich Péclard gegenüber der Wirtschaftswoche über den gestiegenen Arbeitseifer.