Berlin. Große Versicherer locken Kunden mit höheren Zinsen, doch es gibt einen Haken: An einigen Produkten verdienen vor allem die Konzerne.

Seit dem Ende der Nullzinspolitik steigen auch wieder die Zinsen für Lebensversicherungen. Der Marktführer Allianz Leben hat eine Erhöhung seiner Gesamtverzinsung von 0,3 Prozentpunkten für 2024 angekündigt – und einige Konkurrenten werden wohl folgen. Lohnt sich jetzt wieder der Abschluss einer Kapitallebensversicherung? Oder taugt dies nicht für die Altersvorsorge? Unsere Redaktion hat dazu Finanzexperten befragt:

Wie gefragt sind Lebensversicherungen?

Lebensversicherungen sind in Deutschland beliebt, doch die Neuabschlüsse gehen zurück. 2022 wurden 375.000 Verträge neu abgeschlossen, 12,6 Prozent weniger als im Vorjahr. Laut dem Gesamtverband der Versicherer (GDV) gab es Anfang des Jahres 20,3 Millionen Kapitallebensversicherungen – 6,6 Prozent weniger als im Vorjahr. Zudem hatten 13,4 Millionen eine Risikolebensversicherung.

Was sichern Kapitallebensversicherungen ab?

Kapitallebensversicherungen sind eine Mischung aus Sparen, Altersvorsorge und Risikoschutz. Der Versicherte zahlt monatlich einen Beitrag ein, der mit Zinsen über mehrere Jahre angespart wird. Erlebt der Versicherte den Vertragsablauf, bekommt er das angesammelte Kapital ausbezahlt oder eine von ihm benannte Person. Stirbt der Versicherungsnehmer, so erhält eine begünstigte Person die festgelegte Summe. Kapitalversicherungen können in bestimmten Fällen auch beliehen werden oder als Sicherheit für Darlehen eingebracht werden.

Für wen lohnt sich eine Kapitallebensversicherung?

Kapitallebensversicherungen sind nur für all jene eine Option, die sich wenig um ihre Finanzen kümmern wollen und sich eine planbare Zusatzrente im Alter wünschen. Ihr Risiko ist gering, allerdings auch die Rendite, urteilt die Stiftung Warentest. Ein Vertrag sollte spätestens bis Anfang 50 abgeschlossen werden, damit überhaupt noch eine Chance auf etwas Rendite besteht. „Kapitallebensversicherungen sind zu teuer, zu unflexibel, bieten eine schlechte Sicherheit und sind zudem eine schlechte Kapitalanlage“, urteilt der Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Lars Gatschke. „Ich kann nur jedem jeden Alters davon abraten: Finger weg davon.“

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Die Kombination aus Versicherung und Vermögensbildung zahle sich für Verbraucher nicht aus, da die Konzerne zu viel Geld für die Verwaltung der Versicherungen einbehalten und die Rendite für Versicherte zu gering ausfällt. Der Bund der Versicherten (BdV) urteilt noch krasser: „Eine Kapitallebensversicherung braucht grundsätzlich niemand. Sie ist sowohl für den Vermögensaufbau als auch für die Altersvorsorge ungeeignet. Sie lohnt sich allenfalls für die Versicherungsgesellschaften, nicht für den Kunden“, sagt die Sprecherin Claudia Frenz.

Sollten Jüngere eine Lebensversicherung abschließen?

Die Experten der Stiftung Warentest raten auch hier ab: Eine private Lebensversicherung kann sich nur lohnen, wenn sie bis zum Ende der Laufzeit durchgehalten wird. „Bei Berufseinsteigern, die ihre Familienplanung und Karriere noch nicht genau absehen können, ist die Gefahr für eine vorzeitige Kündigung zu hoch. Sie sollten lieber erst mal flexibel für ihr Alter vorsorgen, indem sie etwa mit einem ETF-Sparplan für das Alter sparen“, sagt Max Schmutzer von der Stiftung Warentest. Die Stornoquote der Lebensversicherer lag 2022 bei 2,51 Prozent.

Finanzexperten kritisieren an Lebensversicherungen die hohen Verwaltungskosten und Intransparenz.
Finanzexperten kritisieren an Lebensversicherungen die hohen Verwaltungskosten und Intransparenz. © Christin Klose/dpa-tmn | Unbekannt

Warum eignet sich die Lebensversicherung nicht zur Altersvorsorge?

Nach Meinung des Bundes der Versicherten sind Lebensversicherungen zur Altersvorsorge „legaler Betrug“. Seit Jahrzehnten vertreibe die Branche „diese völlig ungeeigneten Produkte und verhindert so, dass Menschen bedarfsgerecht fürs Alter vorsorgen“, so der Vorwurf. Dies gelte nicht nur für Kapitallebensversicherungen, sondern auch für private Rentenversicherungen, Fondspolicen sowie Riester- und Rürup-Rentenversicherungen. Diese Produkte seien „intransparent“, wegen hoher Abschluss- und Verwaltungskosten „überteuert“ und helfen somit weder bei der Altersvorsorge noch bei der Vermögensbildung.

Warum ist die Rendite so niedrig?

Vielen ist nicht klar, dass nur ein Teil ihrer gezahlten Prämie gespart wird. Ein weiterer Teil fließt in Abschluss- und Verwaltungskosten sowie in den Risikobeitrag. Die genaue Aufteilung der Prämie erfahren die Kunden nicht, so der BdV. Nur der Sparanteil werde mit dem Garantiezins von maximal 0,25 Prozent bei Neuverträgen verzinst.

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Bezogen auf die Gesamtprämie ist die garantierte Verzinsung also deutlich niedriger und oft sogar negativ. Anders war dies noch in den 1980er- und 1990er-Jahren, als der Garantiezins in der Spitze bei vier Prozent lag. Durch die hohen Kosten und niedrigen Zinsen lag die Auszahlung in den vergangenen Jahren oft niedriger, als dies bei Vertragsbeginn versprochen wurde.

Was eignet sich besser für die Altersvorsorge?

Grundsätzlich sollte der Vermögensaufbau immer ohne Versicherungsmantel erfolgen. So könnten Anleger beispielsweise über börsengehandelte ETF-Indexfonds „zu übersichtlichen Kosten und Risiken an der Entwicklung von Unternehmen und Aktienmärkten teilhaben“, empfiehlt der Bund der Versicherten.

BGH: Lebensversicherer dürfen Bewertungsreserven kürzen

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    Wie sinnvoll sind Risikolebensversicherungen?

    Risikolebensversicherungen, bei denen Ehepartner und Kinder im eigenen Todesfall abgesichert werden, sind im Gegensatz zu Kapitallebensversicherungen ein „sinnvolles Investment“ zum Schutz für Familien, so Gatschke von den Verbraucherzentralen. „Dasselbe gilt für Berufsunfähigkeitsversicherungen.“

    Lohnt es sich, bestehende Kapitallebensversicherungen zu kündigen?

    Eine Kündigung ist meistens keine gute Option, da man häufig nur mit Verlusten aus dem Vertrag kommt, so die Stiftung-Warentest-Experten: „Eine Stilllegung des Vertrags ist eine Alternative.“ Es gebe aber auch alte Verträge, die hohe Zinsen garantieren und somit weiter gut für die Altersvorsorge sein können.