Thomas Beilner berichtet über die Konsequenzen einer Entscheidung in El Salvador

Die zentralamerikanische Regierung von El Salvador, mit ihrem jungen Präsidenten Nayib Bukele (Jahrgang 1981), hat Anfang Juni eine Gesetzesinitiative in das Parlament eingebracht, um die Kryptowährung Bitcoin zum gesetzlichen Zahlungsmittel zu machen. Die Abgeordneten gaben ihre Zustimmung und das Gesetz soll im September dieses Jahres in Kraft treten. Damit kann die Bevölkerung künftig mit Bitcoins einkaufen und Steuern zahlen.

El Salvador hat seit 20 Jahren keine eigene Währung, sondern nutzt den US-Dollar. Zur Absicherung des Währungsrisikos des Bitcoins gegenüber dem US-Dollar soll ein Treuhandfonds mit einem Volumen in Höhe von 150 Mio. US-Dollar eingerichtet werden. Präsident Bukele möchte sein 6,5 Millionen Einwohnerland, das flächenmäßig so groß ist wie das Bundesland Hessen, in einen Bitcoin-Hub verwandeln. Da China den digitalen Yuan einführen und das Schürfen von digitalen Konkurrenzprodukten wie Bitcoin im Land verbieten will, positioniert der Präsident sein Land als Alternative für Bitcoin-Investoren und Entrepreneure.

Zur Beruhigung der Umweltschützer lässt er die heimischen staatlichen Stromgesellschaften prüfen, wie sie die reichlich vorhandene Vulkanenergie für den hohen Stromverbrauch zum Bitcoin-Mining nutzen können. Zwei Argumente leiten Bukele: Zum einen verspricht sich der Präsident durch die gezielte Ansiedlung von Mining-Farmen und den damit verbundenen Investitionen ein Wirtschaftswachstum für die Nation. Zum anderen will er im Bereich der Auslandsüberweisungen von den USA und den dort lebenden Migranten aus El Salvador in die Heimat mit dem Bitcoin die Transaktionskosten senken und so den Wohlstand erhöhen.

Doch viel mehr Kopfzerbrechen macht den ausländischen Regulierungs- und Steuerbehörden der Umstand, dass der Bitcoin nun erstmalig in seiner Geschichte legalisiert als eine ausländische Währung und ein gesetzliches Zahlungsmittel angesehen werden muss. Obwohl von einer Kryptowährung gesprochen wird, ist diese bislang kein von einem Staat oder einer Zentralbank anerkanntes gesetzliches Zahlungsmittel.

Satoshi Nakamoto – ein Pseudonym, dessen Identität bis heute ungeklärt ist – hatte im Jahr 2008 die Idee, eine neue Finanzwelt zu schaffen, in der niemand mehr in das Wirtschaftsgeschehen eingreifen und den Wert einer Währung beeinflussen kann. Als Reaktion auf die Finanzkrise 2008 will er mit dem Bitcoin die erste Kryptowährung zur Rettung der Nationen etablieren. Sein kreiertes Zahlungssystem, unabhängig von staatlichem Einfluss, einer Zentralbank, Regulierung und existierenden Finanzsystemen, soll eine faire und transparente Gegenwelt von Zahlungsprozessen bilden.

Es ist ein dezentrales und selbstverantwortliches Netzwerk, das keine übergeordnete Steuerungsinstanz besitzt. Die Mehrheit der Netzwerkteilnehmer bestimmen die Richtigkeit von Transaktionen. Das System ist auf Selbstbestimmung ausgerichtet und würde bei einer zunehmenden Akzeptanz wie in El Salvador die anderen Staatengemeinschaften mit ihren Zentralbanken und deren Geldpolitik entmachten bzw. die meisten herkömmlichen geldpolitischen Strategien konterkarieren.

Diese Entwicklungen können nicht ignorieren werden. Weltweit versuchen die Notenbanken über die Einführung von digitalem Zentralbankgeld gegenzusteuern. El Salvador hat mit der Einführung des Bitcoins als staatliches Zahlungsmittel eine neue Dimension in der Diskussion um Kryptowährungen eröffnet.

(Thomas Beilner ist Honorarprofessor für Finanzmarkttheorie an der Universität Erfurt. Er studierte Volks- und Betriebswirtschaftslehre an der Universität Frankfurt am Main und promovierte an der Universität Bayreuth.)