Thomas Beilner über eine Technologie, die die Geschäftswelt und unser Privatleben nachhaltig verändern wird

„Bitcoin hängt irgendwie mit der Blockchain-Technologie zusammen“, ist die Antwort meiner Studierenden, wenn ich sie zu diesem Zahlungsmittel befrage. Aber Bitcoin wäre ohne die Blockchain-Technologie nicht möglich gewesen. Anfang der 90er-Jahre wird nach einem Konsensmechanismus gesucht, um Spam-E-Mails aus einem Postfach heraus zu filtern und nur vertrauenswürdige Nachrichten zu erhalten. Die Grundlage für das „Proof-of-Work Modell“ entsteht. Zur Integritätsbestätigung muss der Computer mathematische Aufgaben lösen, um den Versand der E-Mail zu starten. Satoshi Nakamoto, dessen Identität bis heute ungeklärt ist, greift die Idee als Reaktion auf die Finanzkrise im Jahr 2008 wieder auf, um eine neue Finanzwelt zu schaffen, in der niemand mehr in das Wirtschaftsgeschehen eingreifen und den Wert eines Zahlungsmittels beeinflussen kann. Der Bitcoin entsteht.

Doch wie funktioniert die Blockchain?

Wenn Sie heute eine Zahlung aus Südamerika auf Ihrem Konto erhalten, wandert der Betrag von System zu System mit jeweils eigener Buchungslogik und Datenstruktur bis er auf Ihrem Konto erscheint. Eingeschaltet sind lokale Banken, Korrespondenz- und Zentralbanken sowie deren unterschiedliche Zahlungssysteme. Mit der Blockchain-Technologie können die Abwicklung und Prozesse effizienter gestaltet werden. Statt eines starren Systemansatzes ist die Blockchain ein verteilter Netzansatz, Datenspeicher oder „Peer-to-Peer-Netz“, bei dem jeder Teilnehmer die gleichen Informationen und die gleiche Daten- und Verarbeitungslogik besitzt. Zentrale Instanzen fehlen, um die Korrektheit zu gewährleisten. Dafür kommen zwei kryptografische Technologien zum Einsatz.

Um einen Geldbetrag von Südamerika an Sie über die Blockchain zu überweisen, werden zum einen Sender, Empfänger und Betrag über eine Hashfunktion in eine digitale Signatur oder Zeichensequenz (Hashwert) verwandelt. Mit Hashfunktion und Hashwert kann geprüft werden, ob die Transaktion im Original vorliegt. Zum anderen werden für jeden Teilnehmer ein privater und öffentlicher Schlüssel erzeugt. Der private Schlüssel muss geheim bleiben und dient der Verschlüsselung des Hashwertes als digitale Signatur. Der öffentliche Schlüssel kann verteilt werden und dient sowohl dem Empfänger als auch dem Peer-to-Peer-Netz, die digitale Signatur wieder zu entschlüsseln und die Korrektheit zu überprüfen. Dadurch werden ungültige Transaktionen aussortiert. Ist die Validierung durch das Peer-to-Peer-Netz erfolgreich vollzogen worden, wird die Transaktion in einen neuen Block aufgenommen und an die bestehende Kette der Blöcke angehängt. Durch diese kryptografischen Verfahren sind die Blöcke untereinander verkettet, vor Manipulationen geschützt und benötigen keine zentrale Vertrauensinstanz.

Die Blockchain-Technologie wird die Geschäftswelt aber auch unser Privatleben nachhaltig verändern. Sind wir doch umgeben von Verträgen, Vereinbarungen, Übertragungen von Besitz und Registrierungen, die über die Blockchain-Technologie in eine neue Welt der ökonomischen Koordination überführt werden können. Die Blockchain-Technologie ist nicht auf bestimmte Anwendungsbereiche beschränkt, sondern universell einsetzbar. Auch der in diesem Zusammenhang oft kritisierte hohe Energieverbrauch wird durch innovative Ansätze verbessert, um die Blockerzeugung von der Rechnerleistung unabhängiger zu machen.

(Thomas Beilner ist Honorarprofessor für Finanzmarkttheorie an der Universität Erfurt. Er studierte Volks- und Betriebswirtschaftslehre an der Universität Frankfurt am Main und promovierte an der Universität Bayreuth.)