Erfurt. Das Weltall steckt voller Überraschungen. Vieles, was Astronomen jahrhundertelang dachten zu wissen, kann heute dank moderner Teleskope und Satelliten als nicht mehr gültig zu den Akten gelegt werden. Diesmal: Sidus Ludoviciana.

Es war der in Wasungen geborene Johann Georg Liebknecht, der im Jahr 1722 durch sein Teleskop in der Deichsel im Sternbild des „Großer Wagen“ zwischen den Doppelsternen Alkor und Mizar ein weiteres Objekt entdeckte. In jener Dezembernacht meinte er eine Eigenbewegung zu erkennen. Für Liebknecht konnte dies nur eins bedeuten: Bei dem von ihm entdeckten Stern musste es sich um einen Planeten handeln.

Einen Namen hatte er auch schon parat: Zu Ehren des Universitätsgründers und Landgrafen von Hessen-Darmstadt, Ludwig V., nannte er das Objekt „Sidus Ludoviciana“. Zu diesem Zeitpunkt bestand für die Menschen das Sonnensystem noch aus nur fünf Planeten (Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn). Entsprechend groß war die Aufregung, als Liebknecht die Entdeckung Sidus Ludovicianas gegenüber seinen Kollegen bekanntgab.

Allerdings warteten auf den im Jahr 1679 in Wasungen geborenen Mathematik-Professor, Theologe und Astronom keine Lobhudeleien und ruhmreiche Worte, viel mehr hagelten Gelächter, Hohn und Spott über ihn ein. Denn der damals 43-Jährige hatte schlichtweg übersehen, dass bereits der italienische Naturwissenschaftler Benedetto Castelli im Jahr 1616 genau das gleiche Objekt in der Deichsel vom Großen Wagen an genau derselben Stelle beobachtet hatte. Somit war klar: Es konnte sich hierbei unmöglich um einen Planeten handeln.

Wenn Sie einmal die Möglichkeit dazu haben, werfen Sie ruhig einmal einen Blick auf das Doppelsternsystem Mizar-Alkor im Sternbild Großer Wagen. In einem Newton-Teleskop mit 200 Millimetern Öffnung erkennt man recht deutlich Sidus Ludoviciana links unterhalb zwischen einer gedachten Verbindungslinie zwischen Mizar-Alkor als einen lichtschwächeren Stern.

Auch wenn dieser Stern die Hoffnung auf Anerkennung und Ruhm eines einzelnen Astronomen letztlich nicht erfüllte, so ist er für den Autor dieser Zeilen zumindest derjenige mit dem allerschönsten Namen im Universum.