Berlin. Trägt die Wortwahl der CDU eine Mitschuld am AfD-Sieg in Thüringen? Nein, so Jens Spahn. Er sieht die Verantwortung an anderer Stelle.

Markus Lanz wollte über den Kulturkampf in Deutschland sprechen und hat sich extra dafür einen Gast eingeladen, mit dem man sich immer so gut streiten könne: den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU, Jens Spahn. Ein Wunsch, der an diesem Abend in Erfüllung gehen sollte.

„Markus Lanz“ – Das waren die Gäste:

  • Jens Spahn, ehemaliger Gesundheitsminister (CDU)
  • Julia Löhr, Journalistin (FAZ)
  • Mojib Latif, Klimaforscher
  • Carlo Masala, Militärexperte

Um die Sendung gleich zu Beginn auf Betriebstemperaturen zu bringen, startete Lanz direkt mit einem ziemlich spitzen Spahn-Zitat über den angeblichen „Kulturkampf“ der Bundesregierung: „Den Leuten wird gesagt: Ihr fahrt das falsche Auto. Ihr habt das falsche Haus, die falsche Heizung! Ja, Ihr habt überhaupt noch ein Haus! Ihr esst das falsche Essen. Ihr habt die falsche Einstellung. Selbst die Ansicht, ein Mann hat einen Penis und eine Frau nicht, gilt inzwischen in Teilen der Ampel-Koalition als problematisch“, hatte Spahn vor einigen Tagen in der „Welt am Sonntag“ erklärt.

Es ist vor allem die zugespitzte Wortwahl, die Markus Lanz störte und die laut ihm auch zu einer gesellschaftlichen Spaltung führen könnte. Als Kraft der Mitte habe die CDU in diesem Punkt eine große Verantwortung, betonte der Moderator. „Sie entscheiden maßgeblich darüber mit, ob sie diesen Sound, der zu solchen Wahlergebnissen wie in Thüringen führt, befeuern oder ob sie sagen: Wir sollten eine mäßigende Stimme sein, um in der Mitte Ausgleich zu schaffen.“ Eine Ansicht, die auch der geladene Klimaforscher und Ozeanograf Mojib Latif teilte. „Wie kann es angehen, dass Sie die Narrative der AfD wiederholen?“, wandte er sich direkt an Spahn.

Lanz: Journalistin erkennt zwei sprachliche Lager innerhalb der CDU

„Ein paar Sprachräume sollten wir uns miteinander schon noch aufhalten", entgegnete dieser und widersprach der These, dass die aufgeheizte politische Auseinandersetzung über Themen wie das Heizungsgesetz zu hohen Wahlergebnissen für die AfD führen würde. Seiner Meinung gehe es in der aktuellen Debatte auch nicht darum, freundlich über Themen zu sprechen, die die Menschen umtreiben, verteidigte Spahn die Wortwahl. Die Verantwortung für den AfD-Aufschwung sehe er stattdessen bei der Ampel-Koalition. „Ich sehe gar nichts von Respekt gegenüber Millionen Lebensentwürfen, Lebensleistungen, Ansichten, die Menschen haben.“

Die Journalistin Julia Löhr beobachtet derzeit eine sprachliche Aufteilung bei der CDU. Auf der einen Seite stünden Politiker wie Daniel Günther, der in Schleswig-Holstein einem schwarz-grünen Landtag vorsitzt. Sie seien in ihrer Sprache moderat, eher verbindend. Ihnen gegenüber stünde der Merz-Flügel, der mit einer „robusten Sprache“ versuche, die AfD-Wähler zur CDU zurückzuholen. Dafür würde diese Flügel immer wieder spezielle Aussagen – besonders von den Grünen– herauspicken, um sie zu überhöhen und damit den Kulturkampf zu nähren. So werde aus einer Empfehlung von Cem Özdemir, zwei fleischfreie Tage in Schulen einzuführen, sehr schnell ein Fleischverbot.

„Darf man nicht mal mehr ein paar politische Debatten vereinfachen?“

Die CDU sei eben keine Partei der Planwirtschaft und Verbote, argumentierte Spahn. Er finde es „normal, Unterschiede herauszuarbeiten“ und die Themen, für die seine Partei stehe, zum Ausdruck zu bringen. „Ich weiß manchmal gar nicht, was mit der politischen Debatte in Deutschland passiert“, stöhnt er. „Darf man nicht mal mehr ein paar politische Debatten vereinfachen?“

Ob es sein könne, dass wir in Zukunft nur noch mit zugespitzten Schlagwörtern um uns werfen und über die echten Themen gar nicht mehr konstruktiv geredet werden kann, wollte Lanz daraufhin von der Journalistin wissen. Sie meint, durch die Krise hätte sich die Gewichtung verschoben. „Die Leute sind verunsichert, sie fürchten um ihrem Wohlstand.“ Das helfe vor allem der AfD, die es verstehe, „solche Ängste nicht zu entkräften, sondern zu verstärken“. Deshalb gäbe es für einen radikalen Klimaschutz aktuell einfach keine gesellschaftliche Mehrheit.

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