Halle. Drei Kandidaten für das Bischofsamt der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland stellten sich in Halle vor. Es gab ein gemeinsames Bekenntnis zum Glauben aber Unterschiede bei der Heirat für alle.

Zwei Wochen vor der Wahl der neuen Bischöfin oder des neuen Bischofs der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) haben sich die drei Kandidaten Ulrike Weyer aus Plauen (Sachsen), Friedrich Kramer aus Wittenberg und Karsten Müller aus Halle (Sachsen-Anhalt) in der Marktkirche in Halle der Öffentlichkeit vorgestellt. Nach Statements zum Thema „Aufstehen und Auferstehen in Kirche und Gesellschaft“ beantworteten sie Fragen unter anderem zum Mitgliederschwund, zum Verhältnis zur AfD sowie zur Finanzierung der Kirchen. Neben vielen Gemeinsamkeiten im Glaubensbekenntnis kamen auch Unterschiede zur Sprache, etwa bei der Bewertung der Ehe für alle.

Friedrich Kramer, derzeit Direktor der Evangelischen Akademie in Sachsen-Anhalt, erinnerte an die Situation der Kirchen nach der Wende. Viele Bauten seien einsturzgefährdet gewesen. Auferstanden aus Ruinen, lüden sie nun wieder zum Glauben ein. „Warum sind wir dennoch so kleingläubig, wieso sehen wir eher Verfall und was nicht funktioniert, was stimmt da mit unseren Augen nicht?“, frage Kramer.

Karsten Müller, Pfarrer der Johannesgemeinde in Halle, rief dazu auf, mehr Glaube, mehr Theologie und mehr Neugier zu wagen. „Wir müssen uns der Komplexität der Welt stellen gegen alle Simplifizierungsversuche, aufstehen gegen Demokratieverachtung, Hass und Rassismus. Wo das allein nicht reicht, muss aus Aufstehen Widerstehen werden“, so Kramer.

Wir verzwergen nicht, die Botschaft bleibt wichtig

Ulrike Weyer, Superintendentin in Plauen, mahnte, die Kirche müsse sich einer veränderten Gesellschaft mit abnehmender Kirchenzugehörigkeit und auch schwindendem Glaubenswissen stellen. Gemeinsam mit Menschen anderer Glaubensrichtungen könne man Gedanken, Ängste und Hoffnungen teilen und am Tisch des Herren zusammenkommen. „Auch wenn wir weniger werden, verzwergen wir nicht, wird unsere Botschaft nicht unbedeutender“, sagte sie.

Angesichts sinkender Mitgliederzahlen in der EKM sehen alle Kandidaten die Notwendigkeit, Kirche und Gottesdienst neu zu organisieren. „Machen wir ernst mit dem Priestertum der Gläubigen, mit den Hauptamtlichen allein ist es nicht mehr zu schaffen“, sagte Kramer. Gottesdienste sollten attraktiver werden, die Kirche drängende Themen der Menschen aufgreifen. Dazu gehöre auch das Gespräch mit AfD-Mitgliedern. Wo allerdings Grenzen der christlichen Ethik überschritten würden, müsse dies benannt werden, so Müller. Ein künftiges Betätigungsfeld von Kirche könnte bezahlbarer Wohnraum sein, findet er.

Um Kirchen- und Diakoniearbeit auch künftig zu finanzieren, wurden sowohl Sparsamkeit als auch neue kreative Wege des Wirtschaftens erwogen. Aus der Nehmerkirche solle eine Geberkirche werden, sagte Friedrich Kramer. „Wir haben so viele Friedhöfe. Wieso gibt es kein kirchliches Bestattungsunternehmen?“, fragte der Hallenser Pfarrer. Unterschiede wurden bei der Haltung zur Ehe für alle deutlich. Er sei klar dagegen und finde nicht, dass jeder heiraten muss, äußerte Friedrich Kramer. Die beiden anderen Kandidaten erklärten, Kirche sollte sich hier nicht gegen Entscheidungen des Staates stellen. Alle drei Kandidaten sprachen sich aber dafür aus, auch die gleichgeschlechtliche Liebe zu segnen.