Erfurt. Trost in der Corona-Krise: Conrad Herold aus Erfurt ist Landespfarrer für Zirkus- und Schaustellerseelsorge. Seit zehn Jahren ist er auf Festplätzen und Märkten unterwegs - in diesem Jahr ist alles anders.

Das Schlimmste ist die Perspektivlosigkeit. Als uns im Februar 2020 das Thema erreicht hat, haben wir geglaubt, Ostern wieder starten zu können. Doch dann kamen die Absagen. Erst die kleinen Märkte, dann die großen Feste. Im Sommer gab es etwas Hoffnung mit kleinen Veranstaltungen und strengen Hygienekonzepten. Bei einigen hat das geklappt, bei anderen nicht. Und immer mussten die Schausteller in Vorleistung gehen - Ware bestellen, hinfahren, aufbauen, Mitarbeiter buchen. Um dann nichts einzunehmen. Und nicht zu wissen, wie es nächsten Monat weitergeht. Alle aktuellen Entwicklungen im kostenlosen Corona-Liveblog

Diese Ungewissheit zog sich durch den ganzen Sommer. Dann war endgültig Schluss. Die großen Hoffnungen lagen nun auf den Weihnachtsmärkten. Aber viele Städte zogen schon frühzeitig die Reißleine, obwohl sie vorher alles versucht hatten.

Einzelne Händler sind in Kaufhäusern und Passagen untergekommen - solange die noch geöffnet hatten. Aber auch das gab Probleme: Am Stand mit Mandeln muss es auch nach Mandeln riechen. Also sollten welche frisch gebrannt werden, doch das ging nicht, wegen der Sprinkleranlage. In einer Stadt gab es Montag bis Samstag einen kleinen Weihnachtsmarkt, am Sonntag musste er aber geschlossen bleiben - das hat natürlich die Bewohner dort ebenfalls ziemlich frustriert.

Die großen Interessenverbände der Schausteller und Zirkusleute haben sich bei der Politik eingesetzt, denn sie fallen durch das Raster. Für Hilfen wurde der 29. Februar zugrunde gelegt, etwa mit der Zahl der Angestellten. Aber zu dieser Zeit braucht ein Schausteller oder Zirkus keine Angestellten. Die Saison beginnt erst zu Ostern.

Schausteller arbeiteten als Erntehelfer oder Reinigungskräfte

Für Hartz IV sollten oft auch Wohnwagen oder Lkw verkauft werden, aber wenn es wieder losgeht, brauchen sie die doch. Ganz schwierig war es für Zirkusse - es gab vielleicht Hilfe für den Lebensunterhalt, aber kein Futtergeld für die Tiere. Etliche Schausteller haben als Erntehelfer, Reinigungskräfte oder Handwerker ein bisschen Geld verdient.

Aber die Lage der Schausteller ist auch verschieden. Ältere müssen mit ihren Geschäften vielleicht nur noch den Lebensunterhalt verdienen, jüngere haben sich ein neues Karussell gekauft und müssen es in fünfstellige Raten abzahlen. In dieser Zeit stellt sich die Frage, kann oder will sich eine Gesellschaft Zirkus und Rummel leisten? Im Sommer oder zu Weihnachten, wenn die Märkte voll, die Erwachsenen zufrieden und die Kinder glücklich sind, wird sie beantwortet.

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