Gotha. Das Forstliche Forschungs - und Kompetenzzentrum Gotha prüft Bäume für den Wald der Zukunft. Doch Thüringenforst warnt vor Euphorie.

Der persönliche Lieblingsbaum von Nico Frischbier ist die Eibe. Sie sei mit beruflichem Blick "zwar kein Leistungsträger, aber sie harrt im Schatten der Buche aus und wartet geduldig auf ihre Chance", begründet er seine Wahl.

Ein Baum der Zukunft in den deutschen Wäldern ist die seltene Eibe jedoch eher nicht. Im Gegensatz zur Traubeneiche, die als widerstandsfähig, risikoarm, verlässlich im Wuchs und wehrhaft gilt. Auch gegen Angriffe des Borkenkäfers.

Mehrere Hundert Jahre alt

Der einheimische Laubbaum kann mehr als 35 Meter hoch und mehrere 100 Jahre alt werden. "Insofern mangelt es bei verlässlichem Eichelbehang auch nicht an Nachwuchs", stellt Frischbier fest. Er ist Referent in der Landesforstanstalt Thüringenforst am Forschungs- und Kompetenzzentrum Gotha, das mit ähnlichen Einrichtungen in Deutschland die Entwicklung des Waldes vorhersagen und mit Empfehlungen auch beeinflussen möchte.

Der abrupte Klimawandel erfordert vorausschauendes Denken und Handeln, denn der Wald von heute ist nicht mehr der von gestern und wird auch nicht jener von morgen sein. Stürme, Trockenheit und Schädlingsbefall verändern ihn rasant.

Mehr als 100 Versuchsflächen in Thüringen

"Wir prüfen, wie anhand des veränderten Klimas und trockener Böden der künftige Wald aussehen kann. Wir gehen dabei von einer Erwärmung von zwei Grad aus", erklärt Frischbier.

Deutschlandweit würden für die Forschung Tausende Versuchsflächen genutzt, in Thüringen sind es mehr als 100. Allein 60 mit rund 10.000 Bäumen widmen sich wie bei Kahla, Bad Berka, Kranichfeld, Stadtroda, Sonneberg, Wasungen oder im Erfurter Steiger auch fremden Baumarten.

Thüringenforst-Vorstand warnt vor Euphorie

Ein besonderer Versuch läuft seit inzwischen neun Jahren nahe Heldrungen im Kyffhäuser Kreis - einer für Thüringer Verhältnisse besonders warmen und regenarmen Region. Der Versuch ist eingebettet in eine länderübergreifende, 50 Jahre dauernde Kooperation mit Bayern, Österreich und der Schweiz.

"Unsere Fläche ist etwa 2,5 Hektar groß, also 3 bis 4 Fußballfelder" erläutert Frischbier. Und was zeigen die bisherigen Erkenntnisse der Forschung? Ist es angesichts der Erwärmung nicht verlockend, Bäume aus den mediterranen Gegenden Südeuropas in die heimischen Wälder zu holen?

Thüringenforst-Vorstand Volker Gebhardt warnt vor Euphorie: Denn neben verlängerten Vegetationsperioden, heißen und trockenen Sommern sowie milden Wintern, würde es auch eine Zunahme von Wetterextremen geben. Klimastabile Zukunftsbäume müssten neben Dürre also auch erhebliche Fröste verkraften.

Und zu denen, so Frischbier, würden eben keine Zitronen- und Orangenbäume zählen. Bei Libanonzeder, Orientbuche, Silberlinde oder der Türkischen Tanne müsse man endgültige Forschungs-Resultate aus Heldrungen noch abwarten. Die Exoten stammen zwar aus kontinental geprägten Herkunftsgebieten wie dem Taurusgebirge: Doch bisher hätten sie ihre Tauglichkeit für den deutschen Wald der Zukunft - im Gegensatz zur ebenfalls angepflanzten heimischen Traubeneiche - noch nicht verlässlich unter Beweis gestellt.

Keine Olivenhaine bei Oberhof

"Die Vorstellung, am Ende dieses Jahrhunderts bei Oberhof durch pittoreske Olivenhaine spazieren zu können, geht an der Realität jedenfalls deutlich vorbei", so Gebhardt.

Nico Frischbier verweist darauf, dass im Freistaat die Klimaanpassung zu etwa 95 Prozent weiterhin mit bewährten, angepassten heimischen Arten erfolge: vor allem mit Rotbuche, Eichen, Ahornarten, Kiefer, Lärche und Weißtanne.

Die Bäume aus Osteuropa, dem Mittelmeerraum, Asien oder Nordamerika würden in Thüringen auch künftig nur eine Nische besetzen. "Baumarten mit negativen Folgen für die heimischen Ökosysteme und solche mit hohem Risiko gegenüber Insekten, Pilzen oder Sturm müssen wir durch unsere Arbeit unbedingt ausschließen."

Aus Sicht von Nico Frischbier könnte der Wald 2040 im Thüringer Becken eine Mischung von Traubeneichen mit Winterlinde und Hainbuche sein. Im Thüringer Wald wäre es dagegen ein Bergmischwald mit Fichte, Rotbuche, Bergahorn und Weißtanne.

Außerdem könnten Forschungen mit Kirsche, Elsbeere sowie Speierling noch Auswirkungen haben. Auch die Eibe wird genau beobachtet. Doch egal, wie dabei das Ergebnis ausfällt: sie bleibt der Lieblingsbaum von Nico Frischbier.