Sydney. Während einer Seelöwentour wurde eine Urlauberin von einem Hai gebissen. Der Zustand der Touristin bleibt nach der Operation kritisch.

Dass Haie gerne Robben fressen, ist bekannt. Auch die Seelöwen, die sich vor der Küste Westaustraliens tummeln, munden den Raubfischen. Manchmal sogar zu sehr: Als sich 2014 einst ein Weißer Hai an einem Seelöwen verschluckte und letztendlich sogar an seiner Beute verendete, machte dies internationale Schlagzeilen.

In der Nähe von Seelöwen ins Wasser zu gehen, erhöht demnach das Risiko eines Haiangriffs. Trotzdem sind Vorfälle mit den Raubfischen äußerst selten. Am Montag hatte eine Urlauberin in der Nähe von Jurien Bay, einem Ort rund zweieinhalb Autostunden nördlich von Perth in Westaustralien, aber dieses Pech. Ein Tigerhai griff sie im hüfttiefen Wasser an. „Ein ungewöhnlicher Vorfall“, wie Einheimische sagten, aber ein potenziell sehr gefährlicher.

Die Frau, die laut lokaler Medien in ihren 40ern ist, war mit einer Tourgruppe auf einem Bootsausflug gewesen, um die Seelöwen vor Sandland Island zu sehen. Während sie im Wasser stand, griff ein etwa zwei Meter großer Tigerhai sie an und biss sie ins Bein.

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Australien: Touristin nach Haiangriff in kritischem Zustand

Kane Krollig, der Kapitän des Ausflugsbootes, berichtete dem lokalen Medium „Perth Now“, dass er und die Crew die Reisegruppe beobachtet hätten, als sie plötzlich die Schreie der Frau hörten. Den Hai selbst habe er nicht gesehen, doch das Blut im Wasser. Deswegen habe er der Besatzung sofort das Signal gegeben, alle an Bord zu holen. Krollig berichtete, wie die Besatzungsmitglieder der verletzten Frau zurück aufs Schiff halfen und ein Tourniquet anlegten. Danach seien sie sofort in Richtung Hafen gefahren – eine etwa 15-minütige Fahrt. „Die Crew waren die Helden“, meinte er. Er selbst habe nur das Boot gefahren. Das Ganze sei ein „ungewöhnlicher Vorfall“ gewesen, aber „eine sehr beängstigende Erfahrung für alle an Bord“.

Krollig berichtete, dass die Frau unter Schock zu stehen schien und gleichzeitig gelacht und geweint habe, während die Besatzung sich um ihre Verletzung kümmerte. Die Urlauber an Bord stammten laut des lokalen Medienberichts aus China und Japan und sprachen nur sehr wenig Englisch. Die Frau wurde noch am Montag operiert und befindet sich im Krankenhaus. Ihr Zustand wurde am Montag zunächst als „kritisch“ angegeben.

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Hai-Attacke am Hafen: Frau mitten in Sydney zerfetzt

Erst Ende Januar war es zu einer ähnlich bizarren Attacke gekommen. Damals wollte sich eine junge Frau nur rasch im Hafen von Sydney abkühlen, als sie von einem Bullenhai angegriffen wurde, der ihr Bein zerfetzte. Auch sie wurde dank des beherzten Eingreifens anderer gerettet. In ihrem Fall waren es Anwohner, die ihre Hilferufe hörten. Unter den Nachbarn, die ihr zu Hilfe eilten, war eine Tierärztin. Auch sie legte ein Tourniquet an, um die Blutung zu stillen und rettete der Frau damit vermutlich das Leben.

Im Hafen von Sydney ist Schwimmen normalerweise nur bei abgezäunten Stränden und in Meeresschwimmbädern empfohlen. Es ist bekannt, dass sich viele Bullenhaie im Hafenbereich aufhalten. Nachdem sich die meisten Leute an diese Empfehlungen halten, sind Vorfälle selten. Die Küsten vor West- und Südaustralien sind dagegen durchaus für Hai-Attacken bekannt. Erst Anfang des Jahres wurde im Süden ein 64-jähriger Surfer vor der Küste der südaustralischen Eyre-Halbinsel von einem Hai ins Bein gebissen. Auch er konnte gerettet werden. Weniger Glück hatte Ende Dezember dagegen ein Teenager, den ein Hai im Meer vor Südaustralien tödlich verletzte. Für ihn kam jede Hilfe zu spät.

Australien: Warum Haiangriffe nicht zu unterschätzen sind

Warum aus Australien immer wieder Hai-Attacken gemeldet werden, dies hat die Meeresbiologin Blake Chapman in einem Aufsatz im Wissenschaftsmagazin „The Conversation“ einst analysiert. Die Bedingungen würden einen „perfekten Sturm“ für Hai-Attacken bieten, schrieb sie. Zum einen würden Australier das Meer lieben und 85 Prozent der Menschen würden in der Nähe der Küste leben. Zum anderen habe Australien die größte Anzahl an Haiarten – rund 180 der über 500 Haiarten leben in den Gewässern rund um den fünften Kontinent. Von den 26 Haiarten, die dafür bekannt sind, auch Menschen zu beißen, kommen 22 in australischen Gewässern vor. „Alle elf Spezies, von denen wir wissen, dass sie tödliche, nicht provozierte Bisse bei Menschen verursacht haben, lassen sich in Australien finden“, schrieb Chapman. Vor allem die drei „tödlichsten“ Arten seien in Australien beheimatet, nämlich Weiße Haie, Tigerhaie und Bullenhaie.

Obwohl die Wahrscheinlichkeit, von einem Hai angegriffen zu werden, gering ist, gibt es einige Vorsichtsmaßnahmen, die Schwimmer, Taucher und Surfer befolgen können, um sich zu schützen. Darunter sind, nicht nachts oder in der Dämmerung ins Wasser zu gehen und Flussmündungen und Orte zu meiden, an denen es bereits zu Haiangriffen kam. Auch nach schweren Regenfällen, wenn das Wasser trübe ist, sollte man nicht ins Wasser gehen und auch nicht, wenn bekannt ist, dass große Fischschwärme vorüberziehen.