Berlin. Je dringlicher der Schutz des Klimas wird, umso härter werden die Widerstände dagegen. Einzelne können jetzt vor allem eine Sache tun.

Vor ein paar Jahren – etwa zu der Zeit, als plötzlich freitags tausende Kinder und Jugendliche ihr Recht auf Zukunft einforderten – sah es auf einmal so aus, als sei da etwas in Bewegung geraten. Klimaschutz, bis zu diesem Zeitpunkt häufig als politischer Nebenschauplatz verhandelt, stand plötzlich im Zentrum der Diskussion. Und die Erkenntnis, dass die Treibhausgasemissionen so schnell wie möglich sinken müssen, schien zumindest in Deutschland so überparteilich unumkehrbar wie die, dass die Erde eine Kugel ist.

Ein Irrtum, wie sich zeigt. 2023 war ein Jahr, dass die Folgen der Klimakrise in noch nie dagewesener Gleichzeitigkeit und Brutalität gezeigt hat, ein erschreckender Rekord jagt den nächsten. Und trotzdem scheint echter Klimaschutz wieder zur Disposition zu stehen, in Deutschland und weltweit.

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Der Kampf gegen die Klimakrise fühlt sich an wie David gegen Goliath

In Dubai versuchen Staaten und Konzerne, die ihr Geld mit der Zerstörung der Lebensgrundlagen verdienen, jeden Versuch zu verhindern, dem ein Ende zu setzen. Die Klimabewegung ist leiser geworden und seit dem Angriff auf Israel vor allem mit dem Antisemitismus in den eigenen Reihen beschäftigt. Und die Bundesregierung hat gerade erst die Klimaschutz-Verpflichtungen für die eigenen Minister gelockert, wohl wissend, dass die Ziele für 2030 schon vorher in Gefahr waren.

Kein Wunder, dass viele Menschen sich fragen, warum Klimaschutz ausgerechnet bei ihrem Auto oder in ihrem Heizkeller anfangen sollte. Es fühlt sich an wie David gegen Goliath. Und alles, was David in der Hand hat, ist eine Bambuszahnbürste.

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Klimaschutz: Minderheiten können Normen verändern

Es ist eine Konstellation, die ein Gefühl von Ohnmacht auslöst – und eines von Ungerechtigkeit. Klimaschützerinnen und -schützer weisen seit Jahren darauf hin, dass Lebensstil-Entscheidungen einzelner Menschen nicht reichen werden, um die Erwärmung zu stoppen, während gleichzeitig die Gelddruckmaschine des fossilen Energiegeschäfts weiterläuft. Und trotzdem bleibt individuelles Handeln wichtig, gleich aus mehreren Gründen.

Theresa Martus ist Politik-Korrespondentin in der Funke Zentralredaktion.
Theresa Martus ist Politik-Korrespondentin in der Funke Zentralredaktion. © Funke Foto Services | Reto Klar

Der eine liegt im Erreichen von Kipppunkten. Nicht jenen unumkehrbaren Kipppunkten im Klimasystem der Erde, die mit den steigenden Temperaturen immer näher rücken, sondern sozialen Kipppunkten. Denn Menschen orientieren sich an anderen Menschen. Und Veränderungen, die langsam anlaufen, sagen Sozialwissenschaftler, können plötzlich viel Geschwindigkeit aufnehmen, sobald eine kritische Schwelle erreicht ist. Schon eine Minderheit, die ihr Verhalten ändert, kann deshalb Normen verändern. Ein E-Auto in der Straße macht noch keine Trendwende. Fünf weitere aber möglicherweise schon.

Aufmerksamkeit für Klimakrise darf nicht verschwinden

Vielleicht noch wichtiger aber ist es, darüber zu reden. Viele, die vom Status Quo profitieren, setzen derzeit darauf, dass die Menschen erschöpft sind von der Vielzahl der Krisen und Veränderungen ablehnen. Sie hoffen, dass Klimaschutz als eines von vielen Themen einfach wieder von der Bildfläche verschwindet. Man sollte ihnen nicht den Gefallen tun, dass sie damit recht behalten.

Die Bambuszahnbürste allein wird es nicht schaffen, eine Welt zu erhalten, in der man frei leben kann. Doch die Folge daraus sollte nicht Resignation sein, sondern Druck. Auf diejenigen, die es in der Hand haben, in der Politik und in der Wirtschaft, in Deutschland und international. Verzögerungstaktiken und Ausweichmanöver müssen auf Widerspruch stoßen. Das hilft gegen das Gefühl von Ohnmacht, und gegen die Ungerechtigkeit.