Karlsruhe. Die rechtsextreme NPD wird von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen. Könnte das Urteil auf die AfD übertragen werden?

Die rechtsextreme Partei „Die Heimat“ – bis 2023 bekannt unter dem Namen NPD – wird für sechs Jahre von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen. Sie missachte die freiheitliche demokratische Grundordnung, urteilte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am Dienstag in Karlsruhe. Das „politische Konzept“ der NPD sei „mit der Garantie der Menschenwürde nicht vereinbar“, begründete die Vorsitzende Richterin das Urteil.

Die Möglichkeit, verfassungsfeindlichen Parteien den Geldhahn zuzudrehen, hatte der Bundestag nach dem zweiten gescheiterten NPD-Verbotsverfahren 2017 durch eine Änderung des Grundgesetzes geschaffen. Ein Verbot hatte das Bundesverfassungsgericht damals mit der Begründung abgelehnt, die NPD sei inzwischen zu unbedeutend, um ihre verfassungsfeindlichen Ziele umsetzen zu können.

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NPD: Ausschluss von Parteienfinanzierung als symbolischer Akt

Das nun gefällte Urteil ist vor allem ein symbolischer Akt: Da die NPD zuletzt in der Bedeutungslosigkeit versank – bei der Bundestagswahl 2021 erhielt sie deutschlandweit nur 0,1 Prozent der Zweitstimmen –, hatte sie sowieso nicht mehr von der Parteienfinanzierung profitiert. Die letzte Zahlung erhielt sie 2020, damals in Höhe von 370.600 Euro. Jetzt muss sie jedoch auch auf steuerliche Vergünstigungen, die Parteien im Normalfall zustehen, verzichten.

Chancen darauf, ihre Ziele umzusetzen, hat die NPD damit auch aktuell nicht. Allerdings ist das für den Ausschluss von der Parteienfinanzierung keine Voraussetzung.

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Die Finanzierung politischer Parteien ist in Deutschland genau geregelt. So können sie Geld vom Staat erhalten – wie viel genau, hängt von den Erfolgen bei den vergangenen Landes- und Bundestagswahlen ab. Einfluss hat laut Bundestag aber auch die Höhe der Mitglieds- und Mandatsträgerbeiträge und der regelmäßig erlangten Spenden. Deren Umfang muss detailliert offengelegt werden.

Kein NPD-Vertreter bei Urteilsverkündung vor Bundesverfassungsgericht

Bereits vor der Urteilsverkündung hatte „Die Heimat“ betont, ein Ausschluss von der Parteienfinanzierung würde gegen das im Grundgesetz verankerte Prinzip der Chancengleichheit aller Parteien als Kernelement der Demokratie verstoßen. Dieses gelte laut BVerfG aber nur, wenn die betroffenen Parteien selbst die Prinzipien der demokratischen Grundordnung achten.

Vor Gericht war am Dienstag kein Vertreter der ehemaligen NPD anwesend. Bereits bei der mündlichen Verhandlung im Juli 2023 hatte es einen Eklat gegeben, weil kein Parteivertreter erschienen war – laut Gericht ein einmaliger Vorgang.

Hat das NPD-Urteil Auswirkungen auf die AfD?

Brisant ist das Urteil mit Blick auf aktuelle Debatten über ein mögliches Verbot der in Teilen rechtsradikalen AfD. Unter anderem Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte einen Ausschluss von der Parteienfinanzierung als Alternative zu einem solchen Verbot angeregt.

Für einen Ausschluss von der Parteienfinanzierung müsste das Bundesverfassungsgericht allerdings vorab feststellen, dass die AfD verfassungsfeindlich ist. Die Voraussetzungen für eine entsprechende Entscheidung seien damit „nicht weniger anspruchsvoll als die Voraussetzungen für ein Verbot“, sagte Gertrude Lübbe-Wolff, ehemalige Richterin des Bundesverfassungsgerichts, unserer Redaktion. Dieser Weg wäre also weder schnell noch einfach.

Dennoch begrüßte SPD-Chefin Saskia Esken das Urteil im Gespräch mit unserer Redaktion als „Signal“ in der Auseinandersetzung mit der AfD. „Dieses richtungsweisende Urteil wird uns in der Auseinandersetzung mit der rechtsextremistischen Gefahr von heute hilfreich sein“, so Esken. „Das Urteil macht deutlich, dass und unter welchen klar definierten Voraussetzungen unsere Demokratie sich derer erwehren darf, die ihre Mittel missbrauchen wollen, um sie zu zerstören.“

Genau diese Wehrhaftigkeit hätten die Mütter und Väter des Grundgesetzes im Sinn gehabt. „Sie wollten sicherstellen, dass sich Geschichte nicht wiederholt.“ Esken fügte hinzu: „Dieses Urteil ist ein wichtiges Signal für die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie und kommt genau zur richtigen Zeit.“ Wie dringend der Handlungsbedarf sei, zeigten die letzten Enthüllungen „über Deportationspläne der AfD, die unsere Familien, Nachbarn, Kollegen, Freunde und Sportkameraden bedrohen“.