Erfurt. Seit 2019 müssen „Reichsbürger“ in Thüringen eine Gebühr zahlen, wenn sie etwa ihre Personalausweise bei Behörden zur Verwahrung abgeben. Verhängt wurden solche Strafzahlungen bislang aber nur selten.

Nur wenige sogenannte Reichsbürger sind in Thüringen zur Zahlung einer Verwahrgebühr für ihre Personalausweise verpflichtet worden. Die entsprechende Gebührenverordnung hält das Thüringer Innenministerium dennoch für richtig. An der von Innenminister Georg Maier (SPD) 2020 geäußerten Einschätzung dazu habe sich nichts geändert, sagte ein Ministeriumssprecher. Maier hatte damals gesagt, er sei überzeugt davon, „dass die Gebühr die Reichsbürger zukünftig davon abhält, die öffentliche Verwaltung für unnötige Dienstleistungen zu missbrauchen.“

Einzelne Kommunen widersprechen aber inzwischen. Die Einführung dieser Gebühr sei in der Auseinandersetzung mit sogenannten Reichsbürgern „kein sinnvolles Instrument“, sagte eine Sprecherin der Stadtverwaltung Jena. Es sei dort noch nie vorgekommen, dass die Verwaltung diese Gebühr jemandem aus der Szene habe in Rechnung stellen müssen.

Eine Sprecherin der Stadtverwaltung Erfurt sagte, man wolle keine Stellungnahme dazu abgeben, ob die Einführung der entsprechenden Gebühr sinnvoll sei oder nicht. Seit deren Einführung sei sie in der Landeshauptstadt gegenüber einem Menschen verhängt worden.

Verwaltungen stellen Gebühr nur sehr selten in Rechnung

Als „Reichsbürger“ werden Menschen bezeichnet, die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnen. Die Szene ist heterogen, viele ihrer Mitglieder geben sich allerdings eigene Namen oder basteln sich selbst Ausweise und Urkunden oder greifen auf entsprechende Vorlagen zurück, die in der Szene kursieren. Um ihrer Überzeugung, den deutschen Staat gebe es nicht, Ausdruck zu verleihen, hatten in der Vergangenheit manche Reichsbürger ihre Personalausweise und Reisepässe an Einwohnermeldeämter oder andere Behörden zurückgegeben.

Um diese Praxis möglichst zu unterbinden, hatte das Land 2019 per Verordnung eine Verwahrgebühr für alle gültigen amtlichen Dokumente eingeführt, die bei staatlichen Stellen abgegeben werden. Wer beispielsweise seinen Ausweis beim Einwohnermeldeamt zur Aufbewahrung abgibt, muss seitdem fünf Euro pro Tag für diese Dienstleistung bezahlen. Eine mögliche Erhöhung dieser Gebühr sei derzeit nicht geplant, sagte der Sprecher des Innenministeriums.

Abgabe von Dokumenten ist in der Szene eine Protestform

Von wie vielen „Reichsbürgern“ landesweit diese Gebühr seit ihrer Einführung verlangt worden ist, lässt sich nach Angaben des Innenministeriums nicht genau sagen. „Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales führt keine Statistik über die Einnahmen der Pass- und Personalausweisbehörden in Thüringen hinsichtlich der Gebühr über die Verwahrung von Pass- und Personalausweisdokumenten“, sagte der Sprecher.

Für eine 2023 erarbeitete Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linke-Innenpolitikerin Katharina König-Preuss hatte das Ministerium allerdings ausnahmsweise bei den Kommunen recherchiert, wie viele Ausweise zwischen 2019 und 2022 von Reichsbürgern zurückgeben worden waren. Damals war das Ministerium auf eine Gesamtzahl von 48 solcher Fälle in ganz Thüringen in diesem Zeitraum gekommen. Die meisten Ausweise waren den damaligen Angaben nach in den Landkreisen Schmalkalden-Meiningen, Sonneberg und Hildburghausen sowie im Wartburgkreis abgegeben worden.

Mehr zum Thema