Erfurt. Fragen unserer Leser rund um das Thema „Erbe und Testament“ beantworteten Experten der Notarkammer Thüringen beim Telefonforum unserer Zeitung.

Wer sein Erbe in die richtigen Hände geben möchte, ist mit einem Testament gut beraten. Doch hier lauern zahlreiche Fallstricke: Die falsche Formulierung kann für Unstimmigkeiten und Streit innerhalb der Familie sorgen. Fragen dazu beantworteten die Notare Eric Rauschenbach aus Arnstadt und Adrian Roos aus Gera sowie der Geschäftsführer der Notarkammer Thüringen, Notarassessor Philipp Selentin aus Erfurt, beim Telefonforum unserer Zeitung.

Notar Adrian Roos aus Gera beantwortete beim Telefonforum die Fragen unserer Leser.
Notar Adrian Roos aus Gera beantwortete beim Telefonforum die Fragen unserer Leser. © Notarkammer Thüringen | Notarkammer Thüringen

Wir haben zwei Kinder, die mit ihren Familien in unserem Haus mit wohnen. Aus Altersgründen möchten wir die Immobilie beiden Kindern übertragen. Ist es ratsam, sie nicht nur unseren Kindern, sondern auch deren Ehegatten zu übertragen?

Notarassessor Dr. Philipp Selentin aus Jena ist der neue Geschäftsführer der Notarkammer Thüringen. Er beantwortete beim Telefonforum die Fragen unserer Leser.
Notarassessor Dr. Philipp Selentin aus Jena ist der neue Geschäftsführer der Notarkammer Thüringen. Er beantwortete beim Telefonforum die Fragen unserer Leser. © Ingo Glase

Es ist prinzipiell möglich. Dennoch gilt es genau zu prüfen, ob diese Gestaltung sinnvoll ist. Nicht nur, dass die Eigentümergemeinschaft mit vier Mitgliedern recht groß ist und somit Probleme in der Abstimmung untereinander drohen. Ebenso ist bei der Übertragung von größerem Vermögen zu beachten, dass Schwiegerkinder steuerlich weitaus weniger begünstigt sind als die leiblichen Kinder.

Notar Eric Rauschenbach aus Arnstadt beantwortete beim Telefonforum die Fragen unserer Leser.
Notar Eric Rauschenbach aus Arnstadt beantwortete beim Telefonforum die Fragen unserer Leser. © Ingo Glase | Notarkammer Thüringen

Ich bin enterbt, soll aber für die Beerdigung meines Vaters sorgen. Ist das so?

Die öffentlich-rechtliche Pflicht zur Beerdigung eines nahen Angehörigen besteht nach jeweiligem Landesrecht für nahe Angehörige unabhängig von der Erbfolge. In Thüringen haben unter anderem der Ehegatte oder Lebenspartner, die Kinder, die Eltern und die Geschwister (in dieser Reihenfolge) für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen. Die entstehenden Kosten sind von den Erben zu erstatten, da es sich um Nachlassverbindlichkeiten handelt.

Mein Mann ist verstorben, ich bin Alleinerbin. Unser Wohnhaus haben wir bereits zu Lebzeiten verkauft und den Kaufpreis unter unseren Kindern verteilt. Haben die Kinder jetzt noch Pflichtteilsansprüche?

Pflichtteilsansprüche sind nur ausgeschlossen, wenn entweder ein Pflichtteilsverzichtsvertrag vorliegt oder die Auszahlungen ausdrücklich in Anrechnung auf den Pflichtteil erfolgten.

Bis wann nach dem Tod des Erblassers gibt es den Pflichtteil?

Der Pflichtteilsanspruch verjährt nicht vor Ablauf von drei Jahren nach Kenntnis des Pflichtteilsberechtigten vom Erbfall sowie der erfolgten Enterbung und der Person des Erben. Grundsätzlich kann der Anspruch spätestens nach vier Jahren ab Kenntniserlangung nicht mehr durchgesetzt werden. Der Pflichtteilsanspruch muss gegenüber dem Erben geltend gemacht werden. Der Pflichtteilsberechtigte kann nur die Zahlung von Geld verlangen.

Wer ist pflichtteilsberechtigt?

Einen Pflichtteilsanspruch haben grundsätzlich nur der vom Erbe ausgeschlossene Ehegatte und die enterbten eigenen Kinder des Verstorbenen, wobei eheliche und uneheliche gleichgestellt sind. Stiefkinder sind jedoch nicht pflichtteilsberechtigt. Sollte ein Kind vorversterben, dann rücken an die Stelle des vorverstorbenen Kindes dessen Kinder als Pflichtteilsberechtigte nach, falls diese enterbt sind. Hinterlässt ein Erblasser keine Abkömmlinge (etwa Kinder, Enkel und Urenkel), dann haben auch dessen Eltern einen Pflichtteilsanspruch, falls sie von der Erbfolge ausgeschlossen sind.
Nicht berechtigt sind dagegen Geschwister, Nichten, Neffen, Cousins und Cousinen.

Gibt es Möglichkeiten, den Pflichtteil zu reduzieren?

Ja. Pflichtteilsansprüche von Kindern können etwa durch eine vorausschauende Nachlassplanung erheblich vermindert werden. So kann der Wert des zu vererbenden Vermögens etwa dadurch herabgesetzt werden, dass bereits zu Lebzeiten Teile des Vermögens an Kinder verschenkt wird. Zwar werden die vom Erblasser vor seinem Tod getätigten Schenkungen dem Nachlass fiktiv hinzugerechnet und führen damit zu sogenannten Pflichtteilsergänzungsansprüchen, lebt der Erblasser aber nach einer solchen Schenkung noch mindestens zehn Jahre lang, wird das verschenkte Vermögen bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs nicht mehr berücksichtigt.

Doch auch wenn der Erblasser schon vorher verstirbt, reduziert eine vorgenommene Schenkung die Pflichtteilsansprüche. Denn der Wert des dem Nachlass fiktiv hinzuzurechnenden Vermögens schmilzt pro abgelaufenem Jahr nach der Schenkung um zehn Prozent ab. Verstirbt ein Erblasser sechs Jahre nach einer Schenkung, werden somit vom Wert des verschenkten Gegenstands noch 40 Prozent berücksichtigt. Eine Schenkung kann sich also lohnen.

Bei Schenkungen unter Vorbehalt von Rechten sollte jedoch aufgepasst werden. Solche Rechte, die sich der Erblasser am verschenkten Gegenstand vorbehält, wie etwa einen Nießbrauch, können dazu führen, dass die Zehnjahresfrist nicht zu laufen beginnt. Das hat zur Folge, dass der Wert des verschenkten Gegenstands dann zu 100 Prozent beim Erbfall berücksichtigt wird. Vorsicht ferner bei Schenkungen an den Ehegatten: Hier beginnt die Zehnjahresfrist erst mit Auflösung der Ehe.

Mein Mann und ich haben eine Immobilie, die wir unserem gemeinsamen Kind vererben möchten. Mein Sohn aus erster Ehe war bereit, gegen Zahlung eines Betrages von 10.000 Euro auf seinen Pflichtteil zu verzichten. Diesen Betrag habe ich auf sein Konto überwiesen. Ist damit sein Anspruch erledigt?

Ein Pflichtteilsverzichtsvertrag ist zwingend von einem Notar zu beurkunden. Die einfache Zahlung eines Betrags auf das Konto Ihres Sohnes ist somit nicht ausreichend.

Wir haben vor einem Notar ein Berliner Testament errichten lassen. Mein Mann ist vor Jahren verstorben. In der Zwischenzeit habe ich ein Haus gebaut, das ich meinem Sohn gern vererben möchte, weil sich meine Tochter nicht um mich kümmert. Kann ich das notarielle Testament diesbezüglich selber ändern oder muss ich dafür einen Notar aufsuchen?

Grundsätzlich kann auch ein notarielles Testament durch ein neues, eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament geändert werden. Der Gang zum Notar ist nicht zwingend vorgeschrieben. Es empfiehlt sich in Ihrem Fall dennoch einen Notar aufzusuchen, da durch die Änderung mittels privatschriftlichen Testaments die Vorteile des notariellen Testaments verloren gehen können. Für die Berichtigung des Grundbuchs nach Ihrem Tod muss nämlich ein Erbschein oder ein notarielles Testament vorgelegt werden. Bei Änderung der Erbfolge in Ihrem Fall durch ein eigenhändiges Testament müsste der Erbe nach Ihrem Tod zunächst einen Erbschein beantragen, was neben einer längeren Dauer bis zur Grundbuchberichtigung zu mehr Aufwand und weiteren Kosten für den Erben führt.

Geht es um das Vererben eines größeren Vermögens, eines Unternehmens oder einer Immobilie, empfiehlt sich der Gang zum Notar. Ob in Ihrem Fall das notarielle Testament, etwa die darin geregelte Schlusserbfolge, geändert werden kann, hängt aber davon ab, ob im Testament dem Längerlebenden das Recht eingeräumt wurde, das Testament nach dem Tod des Zuerstversterbenden diesbezüglich zu ändern. Dies muss im Vorfeld geprüft werden.

Das könnte Sie auch interessieren: