Erfurt. Bei allem Hauen und Stechen im Stadtrat standen zwei große Fragen im Hintergrund der Debatte: Ist das Geld zur Schulsanierung wirklich nötig? Und können Kowo und Stadtwerke die aufgenommenen Kredite verkraften?

Der Stadtrat hat gestern den Schulnetzplan bis 2024 beschlossen. Die Finanzierung des Schulbaus über eine Einlage der Kowo in die Stadtwerke dominierte jedoch die emotionale und vom Wahlkampf geprägte Sitzung: Hauptsächlich mit den Stimmen von CDU und SPD fand die Vorlage ebenfalls eine Zustimmung.

Bei allem Hauen und Stechen standen zwei große Fragen im Hintergrund der Debatte: Ist das Geld zur Schulsanierung wirklich nötig? Und können Kowo und Stadtwerke die aufgenommenen Kredite verkraften?

„Wir wären nie auf die Idee gekommen, wenn wir das Geld nicht bräuchten“, meinte Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD). „Aber wir haben keine andere Chance.“ Es sei unmöglich, Summen wie die benötigten 575 Millionen Euro aus dem Haushalt zu pressen. Falle der Beschluss nicht, seien Steuererhöhungen, tatsächliche Verkäufe kommunalen Eigentums oder schmerzhafte Kürzungen nötig.

Der Linke-Fraktionschef Matthias Bärwolff fand hingegen, die Summen seien auch aus dem Haushalt zu finanzieren. So schnell, wie das der Oberbürgermeister sage, könne die Stadt ohnehin nicht bauen. Der einzige andere Vorschlag der Linken kam von Carsten Gloria: Die Theaterfinanzierung sei „barocke Verschwendung“ und könne besser für den Schulbau eingesetzt werden.

Bärwolff zog überraschend ein verwaltungsinternes Papier aus der Tasche, das den Eigenbetrieb Schulen vorbereiten soll und vermeintliche Zweifel der Ämter an dem Konzept enthielt. Laut Schulbaudezernent Alexander Hilge (SPD) waren diese Zitate ein Eigentor. „Die Drucksache ist noch nicht reif, weil die finanzielle Deckung fehlt“, sagte er. „Die Hütte brennt, und wenn ihr bei der Kowo nicht mitmacht, schmeißt ihr noch zwei Fässer Benzin hinein.“

Doch auch der Grüne-Fraktionschef Alexander Thumfart glaubte nicht, dass das Kowo-Modell nötig sei. Wie andere Redner vermisste er Zahlen und Hintergründe. „Es gibt nur einen Vierzeiler“, beschrieb Thumfart die Vorlage des Oberbürgermeisters. Da die durch die Pläne generierten Mittel nicht einmal ausreichten, müsse auch der Kowo-Beschluss nicht fallen.

Die Stadtwerke seien zwar keine Heuschrecke, aber doch Marktmechanismen unterworfen. „Woher haben wir die Gewissheit, dass nichts passiert“, fragte Thumfart und schlug eine Finanzierung auf Kredit vor, die nach Beteuerung der Stadt jedoch nicht möglich ist.

Auch Bunte-Fraktionschef Daniel Stassny (Freie Wähler) meinte, die Vollfinanzierung stehe auch mit dem Kowo-Deal noch nicht. Es sei „unredlich“, den Anschein zu erwecken, mit Beschluss sei die Finanzierung gesichert. Eine andere, in der Summe adäquate Idee hatte Stassny nicht.

CDU-Fraktionschef Michael Panse warf Grünen und Linken vor, in den letzten Jahren der Regierungsverantwortung nicht genügend Mittel für die Schulen bereit gestellt und damit die Misere verschärft zu haben. „Jetzt, wo die SPD unangenehme Entscheidungen treffen soll, machen Sie sich vom Acker“, spielte er auf die zerbrochene rot-rot-grüne Koalition an. CDU und SPD hatten sich auf gemeinsame Änderungsanträge verständigt. Sie sehen laut SPD-Fraktionschef Frank Warnecke vor, das Mietmodell der Kowo nicht zu verändern und keine Anteile weiter zu verkaufen. „Es wird keine Mieterhöhungen aufgrund der Einlage geben“, betonte Warnecke. Die Gegner des Modells, die keinen Gegenvorschlag brächten, stellten sich „blind und taub“. „Das ist ein Betrug an den Bürgern“, sagte Warnecke.

Die Kreiselternvertretung übergab einige von Tausenden Unterschriften, mit denen sich Eltern für die Schulsanierung eingesetzt hatten. Kreiselternsprecher Armin Däuwel bedauerte, dass durch die Diskussion „Angst und Unsicherheit“ gestreut worden sei. Die Eltern wollten sich vor keinen Karren sparen lassen, aber sie beständen auf einen Schulnetzplan mit Finanzierung – „egal, wie“.

Peter Städter (Piraten) erinnerte daran, dass schon der letzte Schulnetzplan an der fehlenden Finanzierung im Haushalt gescheitert sei. „Trotz Bauchschmerzen“ stimme er daher für das Kowo-Modell. „Es wird immer von Angst geredet – wir müssen Mut haben“, sagte er.

Wie Städter betonten die Bildungspolitiker Michael Hose (CDU), Verona Faber-Steinfeld (SPD), Karin Landherr (Linke) und Rüdiger Bender (Grüne) den Wert des Schulnetzplanes, der in jahrelanger Arbeit mit den Eltern erarbeitet worden sei. „Der Schulnetzplan ist gut und überparteilich und zeigt, dass wir es können“, meinte Hose, der Vorsitzende des Bildungsausschusses. „Wir haben einen Schulfrieden vereinbart.“