Erfurt. Herta Müllers „Atemschaukel“ ist zwar keine Neuerscheinung, aber auch 2024 ein sehr wichtiges Buch. Dagmar Hoffmann schreibt, warum.

Dagmar Hoffmann*

Herta Müller feierte 2023 ihren 70. Geburtstag. Die Literaturnobelpreisträgerin wurde in den Fünfziger Jahren in die Sozialistische Republik Rumänien geboren und dies ist auch ihr Lebensthema: Das Überleben in diktatorischen Systemen sowie die Spuren, die sie in einem Menschenleben hinterlassen auch lange nach dem Zusammenbruch des Eisernen Vorhangs. Im Jahr 2009 gewann sie für Ihren Roman „Atemschaukel“ den Nobelpreis – eine eindringliche Geschichte über die Entbehrungen, den Hunger und das Heimweh in einem sowjetischen Arbeitslager. Dazu hat sich Herta Müller lange mit dem Lyriker Oskar Pastior ausgetauscht und seine Lebenserinnerungen in ein literarisches Denkmal verwandelt.

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Appell an die Menschlichkeit

Die Sprache des Romans, so schreibt die Literaturkritikerin Ina Hartwig, sei altertümlich und rufe Erinnerungen wach an die k.u.k. Monarchie mit ihrer ganz eigenen Mischung aus Deutsch, Ungarisch, Rumänisch, Russisch und Jiddisch. In einem Spiegel-Interview 2012 gibt Herta Müller ihrer Überzeugung Ausdruck: „Die geschriebene Sprache sollte immer eine mündliche sein.“ Die ganz eigene Sprachmelodie und Sprachbilder ihrer literarischen Werke sind neben ihrem Appell zu Menschlichkeit der Grund für eine (Wieder-)Entdeckung. Ganz aktuell ist der Aufsatz- und Redenband „Eine Fliege kommt durch einen halben Wald“ im Verlag Hanser erschienen.

*Dagmar Hoffmann ist Bibliothekarin an der Stadt- und Regionalbibliothek Erfurt

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Ein Mal in der Woche haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt- und Regionalbibliothek am Domplatz einen besonderen Tipp parat. Vom Buch bis zum Brettspiel stellen sie die Neuzugänge in ihren reichen Medienbeständen vor und geben einen ganz persönlichen Eindruck über Gelesenes, Gesehenes und Gespieltes.

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