Schlotheim. Schüler, Eltern, Großeltern, Politiker und Betriebsleiter kämpfen um „ihre“ Schule in Schlotheim. Die Kundgebung am Freitag soll erst der Anfang sein.
„Wir können nicht akzeptieren, dass Geld eine größere Rolle spielen soll als unsere Bildung. Unsere Schule muss unterstützt werden – nicht zerstört“, sagt Schülersprecherin Anika Bartsch am Freitagvormittag auf dem Parkplatz des Seiler-Gymnasiums in Schlotheim. Sie steht auf einer kleinen Bühne vor rund 700 Menschen. Schüler, Eltern, Großeltern, Bürger, Politiker, Betriebsleiter und selbst Kindergartenkinder: Sie alle sind gekommen, um für ihre Schule zu kämpfen.
Ihrem Ärger verleihen die Demonstrierenden mit Plakaten und Transparenten Ausdruck. Sprüche wie „Wer Schulen zumacht, der denkt nicht weiter“, „Zanker will Zank, kann er haben“, „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Schule klaut“ sind da zu lesen.
Nachdem am vergangenen Montag bekannt geworden war, dass der Landkreis das Gymnasium in Schlotheim aus finanziellen Gründen schließen will, setzten Schüler und Eltern alle möglichen Hebel in Bewegung. Die Kundgebung am Freitagvormittag sei lediglich eine Auftaktveranstaltung, informiert Elternsprecherin Sandy Tick. „Wir planen mehr“, sagt sie.
Wut, Machtlosigkeit und Enttäuschung bei den Schülern
Der Zwölftklässler Hugo Ludwig spricht von der Bühne aus von Wut, Machtlosigkeit und Enttäuschung. „Wir lernen hier in optimalen Klassenstärken, jeder einzelne Schüler wird hier mit seinen Stärken und Schwächen gesehen“, sagt er. Zudem sei in den vergangenen Jahren kaum Unterricht ausgefallen und selbst in schwersten Zeiten wie der Corona-Pandemie hatten alle Lehrer immer ein offenes Ohr. „All das zählt jetzt plötzlich nicht mehr. Seit Montag stelle ich mir elementare Fragen: Welchen Stellenwert hat Bildung in der Politik? Warum ist die Wirtschaftlichkeit einer Schule wichtiger als unsere Bildung? Zählen Kinder, Jugendliche und Erwachsene überhaupt noch oder nur noch die Zahlen?“, sagt Ludwig.
Eine Antwort bekommt er nicht. Und genau das kritisieren auch andere Redner. Denn die Information zur geplanten Schließung des Gymnasiums kam nicht von offizieller Stelle. Eltern und Schüler erfuhren lediglich durch das Internet von den Plänen. Dort kursiert seit Montag ein Brief an die Schlotheimer Grundschüler, sich zum kommenden Schuljahr nicht mehr am Gymnasium anzumelden, sondern Alternativen zu suchen. Unterschrieben war der Brief von Landrat Harald Zanker (SPD).
„Ich schäme mich in Grund und Boden“, sagt der stellvertretende Landrat des Unstrut-Hainich-Kreises und Kreistagsfraktionsvorsitzende Klaus Zunke-Anhalt (CDU). Auch er kenne die Gründe für die Schließung des
Gymnasiums nicht. „Die Art und Weise, wie mit euch umgegangen wird, ist nicht die Art und Weise, mit der wir im Landratsamt und vor allem im Kreistag mit Menschen umgehen. So gehört sich das nicht und das werden wir zu verhindern wissen“, fügt er an.
Sollte das Gymnasium geschlossen werden, müssen die Schüler künftig auf den Gymnasien in Bad Langensalza, Mühlhausen, Großengottern oder Lengenfeld unterm Stein den Unterricht besuchen. Letzteres liegt etwa 36 Kilometer entfernt. Wie das logistisch gehen soll, ist Schlotheims Bürgermeister Hans-Joachim Roth (CDU) ein Rätsel.
Demonstration für den Erhalt des Seilergymnasiums in Schlotheim - die Bilder
Eine Busverbindung nach Bad Langensalza gibt es derzeit nicht. „Die Schüler müssten von Schlotheim mit dem Bus zuerst nach Mühlhausen, um dann mit der Bahn nach Bad Langensalza zu fahren. Eine Bustour nach Lengenfeld unterm Stein dauert zweieinhalb Stunden“, erklärt er.
Roth kritisiert, dass von Seiten des Landkreises seit Jahren kein Weg zu einer Busverbindung von Bothenheilingen und Kleinwelsbach nach Schlotheim führte, damit die Kinder aus der Landgemeinde auch in der Landgemeinde zur Schule gehen können. „Jetzt plötzlich soll es möglich sein, dass die Schlotheimer Schüler nach Bad Langensalza oder gar nach Lengenfeld unterm Stein fahren können. Das ist ein Unding“, sagt er.
Landrat Harald Zanker könnte am Montag, 30. Januar, um 18 Uhr zur Stadtratssitzung der Landgemeinde in Neunheilingen die Gelegenheit nutzen, um seine Pläne und Beweggründe zu erklären, sagt Stadtrats- und Kreistagsmitglied Jens Kunze vom Bürgerbündnis Soziale Ordnung in Schlotheim. Eine Einladung habe Zanker bereits auf mehreren Wegen bekommen.
Die Botschaft am Freitagvormittag ist deutlich: „Wir geben nicht auf. Wir kämpfen für unsere Schule“, fasst es Hugo Ludwig zusammen.
