René Müller über falsche Vorgaben von Bundestrainer Joachim Löw.

Das Problem, das uns auch die kommenden Jahre noch verfolgen wird, ist, dass wir keine Neun haben. Wir haben keinen Lewandowski, wir haben keinen Giroud, wir haben keinen Benzema. Der einzige, der aktuell nachkommt, ist Lukas Nmecha von der U21. Und ob er das Niveau erreichen wird, müssen wir erst abwarten. Das ist auch der größte Vorwurf von mir an Joachim Löw. Nach der Weltmeisterschaft 2014 hat er gesagt, wir brauchen keine Stürmer, nur Mittelfeldspieler. Die Ausbildung ist in diese Richtung gegangen und wir haben in Deutschland zu wenige Abwehrspieler und wir haben keine Neun. Die Früchte, die Löw jetzt erntet, sind die, die er gesät hat. Auch der neue Bundestrainer Hansi Flick wird mit diesen Problemen zu kämpfen haben. Aber ich habe Hoffnung, weil er variabler im Kopf ist als Löw.

Trotzdem hat die deutsche Mannschaft noch Chancen bei dieser EM. Man sieht ja, dass sich alle anderen Teams auch schwer tun, wie die Engländer, die jetzt im Achtelfinale warten. Was für sie spricht, ist allerdings, dass sie noch kein Gegentor kassiert haben. Sie stehen defensiv besser als wir. Die Abwehrprobleme der deutschen Mannschaft haben sich in dieser Saison schon bei Bayern und Dortmund gezeigt. Die Leute, die da spielen, garantieren dir kein zu null. Aber England ist auch nicht sattelfest – von der Psyche her. Es ist alles möglich. Überhaupt sind aktuell viele Mannschaften nach guten Jahren im Umbruch. Alle haben ihre Schwachstellen und Probleme – das ist auch die Chance der DFB-Auswahl.

René Müller (62) stand zwischen 1984 und 1989 insgesamt 46-mal im Tor der DDR-Nationalelf. 1986 und 1987 war er Fußballer des Jahres. Von 2003 bis 2005 arbeitete er als Trainer beim FC Rot-Weiß Erfurt. Die Thüringer führte er in die 2. Bundesliga.