Marco Alles über ein fragiles Gebilde.

Das Beste vornweg: Auch wenn sie nah am Abgrund wandelte, eine Blamage wie bei der WM 2018 konnte die DFB-Elf abwenden. Sie darf noch mitspielen in diesem paneuropäischen Turnier. Fragt sich nur: Wie lange noch?

Farblos gegen Frankreich, furchtlos gegen Portugal, kopflos gegen Ungarn: Die deutschen Auftritte in der Gruppenphase verzückten und verstörten gleichermaßen; die Leistungen schwankten zwischen überragend und unterirdisch – und legten letztlich eines schonungslos offen: Die Mannschaft ist nach wie vor eine Baustelle.

Polier Löw hat es trotz allumfassender Befugnisse nicht geschafft, das Gebilde zu stabilisieren. Weder personell noch strukturell. Der Fehler steckt im System. Gegen kompakte und tief stehende Kontrahenten fehlt es an offensiven Ideen und Durchschlagskraft. Umso anfälliger wirkt die Defensive bei Standards und Kontern.

Beides hängt unmittelbar mit der schwachen Schaltzentrale zusammen. Kroos und Gündogan passen nicht zusammen. Dafür sind sie sich in Spielanlage und Tempo zu ähnlich. Weder räumen sie vor der Abwehr kompromisslos ab, noch ziehen sie energisch in Richtung gegnerisches Tor. Das Duo Kimmich/Goretzka scheint als Taktgeber deutlich variabler und damit vielversprechender zu sein.

Weil sich aber Löw auch auf seiner Zielgeraden mit Veränderungen schwertut, bleibt nur die Hoffnung, dass sich England taktisch nicht zu viel von Frankreich und Ungarn abgeguckt hat. Oder es
zum Elfmeterschießen kommt.