Berlin. Verspätete Briefe, verschwundene Päckchen: Über die Deutsche Post beschweren sich immer mehr Verbraucher. Jetzt wird der Ton schärfer.

Die Liste an Mängeln und Beschwerden über Postzusteller ist lang. 2023 war das – wieder – rekordverdächtig. „Beschwerden von Verbraucherinnen und Verbrauchern über Post- und Paketdienste waren im vergangenen Jahr auf einem ähnlich hohen Niveau wie im bisherigen Rekordjahr 2022“, sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, dieser Redaktion. Damals habe es rund 43.000 Beschwerden gegeben, dreimal so viele wie 2021.

Und dem Chef der Bonner Aufsichtsbehörde scheint es jetzt zu reichen. Müller drohte den Postdienstleistern mit einer härteren Gangart. „Wenn gesetzliche Qualitätsstandards nicht eingehalten werden, sollte das finanzielle Konsequenzen haben“, sagte er. „Ein erhobener Zeigefinger reicht nicht.“ Bisher sei die Bundesnetzagentur darauf beschränkt, mit den Postdienstleistern zu sprechen oder anlassbezogene Prüfungen durchzuführen, so Müller. Doch das neue Postgesetz, das die Bundesregierung in den Bundestag eingebracht habe, sehe mehr Eingriffsbefugnisse der Regulierungsbehörde vor.

Die Beschwerdemöglichkeit bei der Bundesnetzagentur umfasst die komplette Post- und Paketbranche, die allermeiste Kritik bezieht sich in der Regel allerdings auf die Deutsche Post als Marktführer. 2022 zählte die Bundesnetzagentur circa 43.500 Beschwerden. Zum Vergleich: 2021 waren es noch 15.118. Damit wurde der bisherige Jahreshöchstwert der vor zehn Jahren begonnenen Statistik deutlich übertroffen: 2020 wurden 18.867 Beschwerden gezählt.

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Das sagt die Deutsche Post zu den Beschwerden

„Jede Beschwerde ist eine zu viel und wir bedauern, wenn Kunden mit unserer Leistung nicht zufrieden sind“, sagte ein Sprecher der DHL-Group dieser Redaktion. Und merkte an: „Richtig ist aber auch, dass die Zahl der Beschwerden seit Mitte des Jahres 2023 deutlich und stetig gegenüber den Vorjahreswerten zurückgegangen ist – so waren es zum Beispiel im November rund 25 Prozent weniger Beschwerden als im November des Vorjahres. Und inwieweit es sich bei den 43.000 Beschwerden an die Behörde tatsächlich immer um Qualitätsmängel der Deutschen Post handelte, entzieht sich unserer Kenntnis, da wir im letzten Jahr lediglich rund 3200 Beschwerden von der Bundesnetzagentur zur Prüfung übersandt bekommen haben.“

„Jede Beschwerde ist eine zu viel“, sagt die DHL Group.
„Jede Beschwerde ist eine zu viel“, sagt die DHL Group. © IMAGO/Michael Gstettenbauer | IMAGO/Michael Gstettenbauer

Der Unternehmenssprecher verwies zudem auf die in Relation zu den tatsächlich verschickten Paketen und Briefen relativ kleine Menge an Beschwerden. „Die Anzahl der Beschwerden liegt im Vergleich zu den Milliarden Sendungen, die wir pro Jahr transportieren, noch nicht einmal im Promillebereich.“ Er erklärte, dass der Betrieb bei Deutsche Post und DHL im vergangenen Jahr bundesweit insgesamt sehr stabil und ohne nennenswerte längerfristige Einschränkungen abgelaufen sei. Dennoch wolle man seine Qualität weiterhin verbessern.

Bundesnetzagentur-Chef: Post muss sich besser vorbereiten

Mitte Dezember teilte die Post mit, dass der Grund für Verspätungen nicht nur hohe Sendungsmengen seien, sondern unter anderem auch ein hoher Krankenstand bei den Mitarbeitenden. Bundesnetzagentur-Chef Müller will diese Erklärung jedoch nicht gelten lassen. „Die Unternehmen müssen sich rechtzeitig um saisonale Arbeitskräfte bemühen, um das Weihnachtsgeschäft zu meistern“, forderte er. Müller rief die Postdienstleister dazu auf, sich in diesem Jahr besser auf das Weihnachtsgeschäft vorzubereiten. „Es geht um lachende Kinderaugen und um ein vernünftiges Weihnachtsgeschäft. Das kann man vorbereiten.“

Die Deutsche Post befördert immer weniger Briefe. Ein Grund für die kleiner werdende Menge beförderter Briefe ist unter anderem, dass vermehrt per E-Mail oder auf anderen digitalen Kanälen kommuniziert wird. Gleichzeitig wird das Verschicken von Briefen immer teurer – auch, um den Umsatzrückgang infolge sinkender Sendungen zu kompensieren. Zuletzt hatte das Unternehmen im vergangenen Mai bei der Bundesnetzagentur einen Antrag auf Porto-Erhöhung gestellt – und war gescheitert.

Müller ließ im Gespräch mit dieser Redaktion noch offen, ob seine Behörde der Post zum 1. Januar 2025 eine Porto-Erhöhung genehmigen würde. Er gehe davon aus, dass die Post zum Jahreswechsel, also nach Ablauf der dreijährigen Genehmigungsperiode, einen neuen Antrag auf den Tisch legen werde. Darüber werde die Netzagentur entscheiden, „wenn wir die Zahlen der Post kennen“.